Streik im Öffentlichen Nahverkehr:Wieder im Takt

Eine Einigung im Tarifstreit scheint nicht in Sicht. Dennoch sind U-Bahnen, Trams und Busse zum Normalbetrieb zurückgekehrt - vorerst. Und in der kommenden Woche droht neues Ungemach.

Katja Riedel

Die Pendler im Großraum München können aufatmen - fürs erste. Die U-Bahnen, Trams und Busse, die seit Ende September in den Außenbezirken nur im 20-Minutentakt verkehrten, sind am Mittwoch erstmals wieder nahezu im Normalbetrieb gefahren, teilte die Münchner Verkehrsgesellschaft (MVG) mit.

Streik im Öffentlichen Nahverkehr: Das Gedränge hat ein Ende - vorerst: In München fahren U-Bahnen, Trams und Busse wieder im regulären Takt.

Das Gedränge hat ein Ende - vorerst: In München fahren U-Bahnen, Trams und Busse wieder im regulären Takt.

(Foto: Stephan Rumpf)

"Bereits in den letzten Tagen konnten wir uns dem regulären Fahrzeugeinsatz immer mehr annähern, nachdem der exorbitant hohe Krankenstand sich Gott sei Dank verbessert hat", sagte MVG-Chef Herbert König der Süddeutschen Zeitung. Den Übergang zum Normalbetrieb hatte König offenbar bereits am Montag der Stadt München signalisiert. Bei der U-Bahn war am Morgen nur noch ein Zug weniger als normal im Einsatz; die Tram fuhr nach Plan. Lediglich im Busnetz waren noch einzelne Linien ausgefallen. Dort werden auch weiterhin Leiharbeiter eingesetzt.

Der Grund für den seit Wochen ausgedünnten Notfahrplan der MVG ist hingegen keineswegs beseitigt. Im Tarifstreit zwischen den Fahrern, die in der Gewerkschaft GDL organisiert sind, und den kommunalen Arbeitgebern verschärft sich der Ton. Nachdem die MVG in den vergangenen Tagen immer wieder betont hatte, dass die Krankenstände unter den GDL-Fahrern ungewöhnlich hoch seien, warf der Verhandlungsführer der Gegenseite, Willi Russ, der MVG am Mittwoch vor, den Notbetrieb zu Sanierungsarbeiten zu nutzen.

Aus Kreisen MVG-Bediensteter habe er erfahren, dass vor allem Trambahnen zu Reparaturarbeiten in Werkstätten nach Leipzig gebracht worden seien, sagte er im Interview mit der SZ. MVG-Chef König bezeichnete diesen Vorwurf als "völligen Unsinn". Da es in den letzten Wochen massiv an Fahrpersonal gefehlt habe, seien Fahrzeuge "im Überfluss vorhanden. Die weitgehende Normalisierung des Leistungsangebots hängt ausschließlich mit der Entwicklung des Krankenstands zusammen", sagte König. Im Tarifstreit ist er weiterhin nicht bereit, auf die Forderungen der GDL einzugehen: Die Forderungen "bleiben unbezahlbar", bekräftigte König.

Gegen indirekte Unterstellungen, dass Fahrer krankgefeiert hätten, um ihren Forderungen mehr Druck zu verleihen, verwehrt sich Willi Russ von der DBB-Tarifunion: "Dahinter verbirgt sich keine wie auch immer geartete Streiktaktik". Er höre aber, dass die Fahrer derzeit unter starkem Druck stünden und auch darum erkrankten. Sie würden "mit kurzfristigen Dienstplanänderungen und Extremschichten drangsaliert", so Russ. Die Chancen, eine Einigung zu erzielen, hätten sich aber nicht verschlechtert. es gehe nicht um Geld, sondern um bessere Arbeitsbedingungen.

Über den Ton, in dem die MVG mit ihren streikenden Mitarbeitern umgeht, mokieren sich auch einzelne Stimmen im Rathaus. Als rot-grüne Stadt müsse man den Tarifkonflikt und die Anliegen der Streikenden als gutes Recht der Angestellten respektieren, sagte eine Stadträtin.

Besorgt ist man inzwischen auch über die Entwicklung der Fahrgastzahlen. Die MVG hatte Anfang der Woche selbst beklagt, dass wegen der Einschränkungen weniger Fahrgäste öffentliche Verkehrsmittel gewählt hätten. Und in der kommenden Woche droht neues Ungemach, wenn auch von anderer Seite. Weil die Lokführer im Regionalverkehr bundesweit um eine Tariferhöhung kämpfen, könnte auch der Münchner S-Bahn-Verkehr beeinträchtigt werden.

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