Jobs in den Semesterferien:Studieren statt arbeiten

Der Bologna-Prozess und Wirtschaftskrise haben den Markt für Studentenjobs verändert. Viele Studierende haben keine Zeit mehr für einen Nebenjob.

Marion Bacher

Turbulent geht es derzeit zu in Jobvermittlungsfirmen wie "Jobcafe" oder "Jobmensa". Hunderte von Unternehmen und Privatpersonen schalten kurz vor den Sommerferien ihre Anzeigen. "Vor allem wegen der Suche nach Urlaubsvertretungen natürlich, aber auch, weil die Studenten jetzt Zeit zum Arbeiten haben", sagt Jens Wittenberger von Jobcafe.

Studentenprotest in München, 2010

Studentenproteste in München: Viele von ihnen sitzen in der Zwickmühle. Einerseits müssen die Studiengebühren bezahlt werden, andererseits fehlt aufgrund der Bologna-Reform die Zeit zum Jobben.

(Foto: Robert Haas)

Denn seit der Umstellung auf Bachelor- und Masterstudiengänge vor rund fünf Jahren fehlt vielen Studenten die Zeit, um während des Semesters einen Job anzunehmen. Sie müssen ihr Studium in Mindestzeit absolvieren, starre Stundenpläne, Anwesenheitspflicht und Notendruck lassen kaum Raum für Nebenjobs und monatelange Praktika.

"Unter dem Jahr haben wir Stellenausschreibungen, für die wir manchmal nur schwer Leute finden. Im Juli gibt es oft zu viel Andrang", sagt Wittenberger. Ein Unternehmen, das Praktikanten für eine Vollzeitstelle von sechs Monaten sucht, hat kaum eine Chance.

Auch nehmen immer weniger Leute schlecht bezahlte Praktikumsstellen an. Die Studenten befinden sich laut Wittenberger in einer Zwickmühle: "Einerseits müssen sie seit der Einführung der Studiengebühren mehr arbeiten, andererseits können sie das wegen der strikten Bachelor- und Mastervorgaben nicht."

Die veränderten Studienbedingungen zwingen die Unternehmen dazu, ihre Jobausschreibungen anzupassen: Die Stellen sollen frei einteilbar sein, Wochenendarbeit und die Möglichkeit, von zu Hause zu arbeiten, sind gefragt. Auch der Stundenlohn muss fair sein. "Flexibilität steht bei den Studierenden an oberster Stelle", sagt Wittenberger.

Trotz des engen Korsetts, das der Bologna-Prozess den Studierenden auferlegt hat, arbeiten laut Sozialbericht 2008 des Studentenwerks München rund zwei Drittel der Studierenden durchschnittlich sieben Stunden pro Woche. Das ist weniger als vor der Umstellung, die Arbeitszeit liegt dennoch über dem Bundesdurchschnitt.

Flexibilität steht an oberster Stelle

"München ist eben ein teures Pflaster. Um hier über die Runden zu kommen, müssen die Studenten mehr arbeiten als anderswo", sagt Ingo Wachendorfer vom Studentenwerk.

Auch die Wirtschaftskrise hat ihre Spuren hinterlassen. Große Unternehmen, die im Sommer einmal 200 Jobs für Studenten ausgeschrieben haben, machen das so gut wie nicht mehr. "Seit wir Anfang 2009 in Kurzarbeit gehen mussten, bieten wir keine Studentenjobs mehr an", sagt Dominique Nadelhofer, Pressesprecher des Fahrzeug- und Maschinenbaukonzerns MAN.

Jens Wittenberger von Jobcafe hingegen glaubt, dass es in diesem Jahr mit den Studentenjobs wieder bergauf geht. Im Vergleich zum Vorjahr ist die Zahl der Angebote, die bei Jobcafe geschaltet wurden, um 15 Prozent gestiegen. Rund 250 Stellen werden allein für München im Schnitt pro Monat ausgeschrieben, 400 bis 500 Einzelpositionen besetzt.

Neben geläufigen Studentenjobs in der Gastronomie, im Sekretariat oder auf der Straße, wo Flyer verteilt oder Tierpatenschaften vermittelt werden, finden sich auch ausgefallenere Arbeitsangebote in der Jobcafe-Datenbank.

Eine Privatperson aus München suchte beispielsweise einen "gepflegten, freundlichen Fahrer", der mit einem Bus Models zur Modeschau nach St. Moritz bringen sollte. Verdienst: 75 Euro pro Tag, sowie ein viertägiger bezahlter Aufenthalt - "mit abendlichen Partybesuchen".

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