München:Mord in der Waschküche

Ein 48-Jähriger gibt zu, die Mutter seiner vier Kinder mit einer Maschinenpistole erschossen zu haben. Die Begründung: Seine Frau habe ihrem Schwager Geld gegeben. Die Nebenklage vermutet ein anderes Motiv.

Christian Rost

Was der Mann erzählt, ist in vielen Punkten zweifelhaft. Überhaupt ist in diesem Prozess manches nicht so, wie es zunächst scheint. Täuschen kann man sich schon beim ersten Blick auf den Angeklagten. Als Avdurahman K. am Montagmorgen um kurz nach halb zehn den Schwurgerichtssaal am Münchner Landgericht betritt, sieht man einen adrett gekleideten Herrn mit schwarzem Rollkragenpulli, gesundem braunen Teint, kurzen, grauen lockigen Haaren und modischer Brille. Das Erscheinungsbild entspricht dem Typ Geschäftsmann und gar nicht dem eines Hilfsarbeiters am Bau.

Mord-Prozess Waschküche Landgericht

"Ich bin selbst das größte Opfer." Der wegen Mordes angeklagte Avdurahman K. (Mitte) mit einer Dolmetscherin und Justizbeamten im Gerichtssaal.

(Foto: dapd)

Als der 48-Jährige dann unter Tränen erzählt von seiner Frau, mit der er 21 Jahre zusammen war und mit der er sich immer gut verstanden habe, dann passt das auch nicht. Schließlich hat der gebürtige Serbe die Mutter seiner vier Kinder mit einer Maschinenpistole erschossen.

Es war am 6. März dieses Jahres in einem Mehrfamilienhaus im Hasenbergl. Das Ehepaar K. stritt sich bereits am Morgen in der Wohnung im ersten Stock. Laut Staatsanwältin Nicole Selzam ging es um Geld, das die Ehefrau regelmäßig ihrem Bruder zugesteckt haben soll.

Gegen 8.30 Uhr ging die Frau in den Keller, um den Wäschetrockner zu füllen. Avdurahman K. folgte ihr, holte eine Maschinenpistole der Marke "Skorpion" aus einem Versteck hervor, und feuerte auf die 47-Jährige. Eine Kugel streifte den Kopf, fünf trafen den Oberkörper. Ein Schuss ging mitten ins Herz des Opfers. Die Frau verblutete binnen weniger Minuten. Im Anschluss daran, auch das gestand der Angeklagte in einer von seinem Anwalt Steffen Ufer verlesenen Erklärung, wollte er seinen Schwager töten.

Mit der Skorpion im Gepäck fuhr der mutmaßliche Mörder zum Rot-Kreuz- Platz, irrte dort auf der Suche nach dem Schwager herum."Gott sei Dank habe ich ihn nicht gefunden", so K. Er gab sein Vorhaben jedenfalls nach einer halben Stunde auf, fuhr mit einem Taxi zurück ins Hasenbergl, warf die Waffe in einen Altglascontainer und ging nach Hause. Polizisten, die der 20-jährige Sohn des Opfers alarmiert hatte, nahmen den Arbeiter fest. "Mich hat der Teufel geritten", erklärte er seine Tat.

Wut auf das "Parasitenleben" des Schwagers

Die Staatsanwaltschaft geht davon aus, dass K. sich in der Ehe unterlegen gefühlt hatte, weil seine Frau in der Altenpflege und beim Putzen mehr verdiente als er am Bau. Mit der fixen Idee im Kopf, seine Frau verschenke das Geld auch noch an den Schwager, habe er Rache genommen. Der Angeklagte selbst lieferte am ersten Prozesstag zwei Versionen zum Tatmotiv.

Nach der ersten Version, die sein Anwalt vortrug, war er völlig verzweifelt über den Tod eines Bruders. Der war 2008 in Serbien erschossen worden. Der Täter, Mitglied eines mächtigen Clans, der mit Waffen und Drogen handele, habe für die Tat nur eine Bewährungsstrafe bekommen. K. gab an, er habe Geld für einen Anwalt sparen wollen, um den Prozess gegen den Täter neu aufzurollen. Seine Frau habe das Geld aber an den Schwager verschwendet.

In der zweiten Version, die der Angeklagte dann voller Selbstmitleid ("Ich bin das größte Opfer") vortrug, ging es kaum mehr um den ungesühnten Mord, sondern vor allem um das "Parasitenleben" seines Schwagers.

Es gibt noch eine Version zum Motiv, an das die Nebenklage glaubt, die den Schwager und die Kinder des Angeklagten vertritt. Demnach gab es einen Streit um "Blutrache" in der Familie. Angeblich sollte ein Familienmitglied - K.s ältester Sohn - den so billig davongekommenen Mörder aus dem serbischen Clan umbringen. Während K. von diesem Gedanken besessen gewesen sein soll, habe seine Frau den Plan abgelehnt. Im Streit darüber habe er dann zur Waffe gegriffen. Der Prozess dauert an.

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