München:Anwohner wehren sich gegen Kneipenlärm

"Wenn Freiwilligkeit nichts hilft, müssen andere Wege beschritten werden": Der Münchner Feiergemeinde droht Ärger. Anwohner fordern eine Verschärfung der Sperrzeit.

S. Krass und Ch. Sebald

In München bahnt sich ein Konflikt um die Sperrzeit für Gaststätten an. Während Kreisverwaltungsreferent Wilfried Blume-Beyerle mit der derzeitigen Regelung zufrieden ist, fordert der Vorsitzende des Bezirksausschusses Ludwigsvorstadt-Isarvorstadt, Alexander Miklosy (Rosa Liste), dass in diesem Viertel Wirte gezwungen werden, früher zu schließen, um die Anwohner vor Lärm zu schützen. Der Bayerische Städtetag ruft unterdessen sogar nach einer landesweit verlängerten Sperrzeit. Seit 2005 müssen gastronomische Betriebe im Freistaat nur noch von fünf bis sechs Uhr morgens schließen, zur sogenannten Putzstunde.

Raucher vor einem Lokal in München, 2010

Raucher vor einem Lokal im Glockenbachviertel: Klagen der Anwohner über nächtlichen Lärm in Münchens Ausgehvierteln werden immer lauter.

(Foto: Alessandra Schellnegger)

Miklosy, der die Anwohner des vom Nachtleben besonders betroffenen Glockenbachviertels vertritt, sagt zur Sperrzeitverlängerung: "Am Gärtnerplatz und in der Reichenbachstraße ist der Punkt erreicht. Der Lärm ist seit zehn Jahren ein Thema, und wir sind in der Zeit keinen Schritt weitergekommen. Wenn Freiwilligkeit nichts hilft, müssen andere Wege beschritten werden."

Allein in seinem Bezirk gibt es 700 gastronomische Einrichtungen. "Wir fordern seit Jahren einen Kneipenstopp, aber nichts passiert. Es muss endlich etwas für die Bürger getan werden. Bei jeder Schreinerei gibt es auch eine Lösung zum Lärmschutz", sagt Miklosy. Auch eine im Sommer gestartete Mediation zu dem Streit um den Gärtnerplatz hat bisher keine Fortschritte erbracht.

Blume-Beyerle dagegen sagt, das Kreisverwaltungsreferat (KVR) müsse jeden Einzelfall prüfen: "Wir können nicht flächendeckend mit dem Rasenmäher die Sperrzeit verlängern. Aber wenn die Belästigungen eindeutig auf die Zeit zwischen zwei und drei Uhr zurückzuführen sind, greifen wir auch durch." Momentan lägen der Behörde allerdings keine entsprechenden Anträge vor. Zudem macht Blume-Beyerle darauf aufmerksam, dass für eine Sperrzeitverlängerung "relativ hohe Hürden" zu überspringen seien. "Das ist ein schwerwiegender Eingriff in die Arbeit des Wirts."

An diesem Punkt fordert Miklosy vom KVR "einen gewissen Mut", eine solche Entscheidung auch gerichtlich durchzufechten. Er betont aber auch, die Sperrzeit sei ein problematisches Instrument: "Die Rute fördert immer Unzufriedenheit." Grundsätzlich halte er es für richtig, bei solchen Konflikten alle Beteiligten in Anhörungen einzubinden. An der Ecke Müllerstraße/Thalkirchner Straße, wo das Nachtleben zuletzt enorm zugenommen hat, könnte es laut Miklosy womöglich reichen, wenn die Wirte verpflichtet werden, mit Türstehern für Ruhe zu sorgen.

Die allermeisten Städte und Gemeinden im Freistaat gehen beim Thema Sperrstunde noch deutlich weiter. Der Bayerische Städtetag forderte nun die Staatsregierung erneut auf, die generelle Sperrzeit wieder auf zwei bis sechs Uhr morgens auszudehnen. Man wolle nicht länger tatenlos zusehen müssen, dass sich an jedem Wochenende irgendwo Jugendliche bis zur Bewusstlosigkeit betrinken - sei es auf Flatrate-Partys in Gaststätten und Discos oder unter freiem Himmel in Parks oder Fußgängerzonen. "Immer mehr Leute saufen bis zum Umfallen", sagt der Vorsitzende des Städtetags, Hans Schaidinger (CSU).

Für einzelne Gaststätten oder Diskotheken, etwa in Gewerbegebieten, könnten die Kommunen jederzeit Ausnahmeregelungen erlassen. Blume-Beyerle ist gegen eine landesweit einheitliche Regelung: "Auf dem Land mag die Situation anders sein als in der Großstadt. Deshalb sollte man es jeder Kommune überlassen, selbst über die Sperrzeit zu bestimmen. München ist eine liberale Stadt, die viele Gäste hat. Uns steht es gut an, wenn Lokale länger aufhaben."

Zur SZ-Startseite

Lesen Sie mehr zum Thema

Jetzt entdecken

Gutscheine: