Kommunalwahl in München:Guter Draht nach oben

Olympia-Pressestadt in Mücnhen, 2012

Moosach wählt. Ein Viertel zwischen dörflichem Flair und urbanem Charakter - und mit großen Aufgaben.

(Foto: Florian Peljak)

Moosach wählt. Ein Viertel zwischen dörflichem Flair und urbanem Charakter - und mit großen Aufgaben.

Von Anita Naujokat

In Moosach sind in den vergangenen sechs Jahren viele wichtige Projekte abgeschlossen oder auf den Weg gebracht worden: die U-Bahn-Linie 3 wurde verlängert, ein Stadtteilzentrum der Münchner Volkshochschule ist in Planung, Bauten und Neugestaltung rund um den Bahnhof und den Bunzlauer Platz schreiten voran, der Ensembleschutz für den alten Dorfkern ist vorerst gerettet, ebenso die Verkehrsführung an Ring und Riesstraße. Die Feiern wegen der Eingemeindung nach München vor 100 Jahren sind überstanden, und die Moosacher haben endlich ihren Brunnen.

Schon jetzt befinden sich viele Einrichtungen der Stadt in Moosach: die Zentrale der Stadtwerke und die Münchner Verkehrsgesellschaft haben hier ihren Sitz, ebenso die neue Verkehrsleitzentrale, der Abfallwirtschaftsbetrieb, das Berufsschulzentrum und das Münchner Technologiezentrum für innovative Newcomer. Demnächst wird die Stadt auch ihr IT-Rathaus auf Moosacher Grund eröffnen.

Könnte eigentlich nicht mehr viel kommen und endlich mal Ruhe einkehren, glaubt man. Weit gefehlt. Wie auch die Vorsitzende des Bezirksausschusses, Johanna Salzhuber (SPD), erst wieder bei der Seniorenversammlung betont hatte. Die Projekte reißen nicht ab. Moosach ist weiter im Umbruch und dabei, rasant sein Gesicht zu verändern.

Als nächste große städtische Einrichtung wird der Busbetriebshof für den Münchner Westen neben dem Abfallwirtschaftsbetrieb kommen. In dessen Zuge wird das restliche Areal der Stadtwerke gründlich umgekrempelt: Wohnungen, Geschäfte und Schule werden entstehen. Neue Nachbarn erhalten die Moosacher auch auf dem Meiller-Gelände: Dort sind 450 Wohnungen mit Kindertagesstätten geplant. Und beim Schulzentrum an der Gerastraße bleibt kein Stein auf dem anderen: Mit der Sanierung soll in diesem Sommer begonnen werden, was schon jetzt zu besorgten Anfragen von Anwohnern wegen des befürchteten Baustellenverkehrs führt. Nach längerer Umplanungszeit wird wohl in diesem Jahr mit dem Bau des Kinder- und Jugendzentrums an der Brieger Straße begonnen.

Und der einstige Randbezirk ist in jüngster Zeit noch für andere attraktiv geworden: Porsche will sich mit einem Autozentrum, BMW mit einem Hotel niederlassen. Am Olympia-Einkaufszentrum entsteht ein weiterer Geschäftskomplex. Und auch eine Bezirkssportanlage ist in Sicht.

Zankapfel und großes Thema in den nächsten sechs Jahren wird der Ausbau der Eisenbahn-Unterführung an der Dachauer Straße sein, an den viele Moosacher schon gar nicht mehr glauben, und den einige ebenso wie der Bezirksausschuss auch gar nicht wollen. Wie überhaupt die Zunahme des Verkehrs und die Parkplatznot in den Wohnstraßen um die U-Bahnhöfe und den O2-Tower am Georg-Brauchle-Ring, Münchens höchstem Bürohochhaus, nach Lösungen schreien.

Hartnäckigkeit führt zum Ziel

Nun mögen manche unken, dass der Bezirksausschuss bei vielen Großprojekten ja eh nichts zu melden habe. Doch auch Hartnäckigkeit führt zum Ziel. Paradebeispiel ist der Busbetriebshof, um den sich die Moosacher auch nicht gerade gerissen hatten. Doch anstatt lange zu lamentieren, haben sie gleich zu Beginn den Planungen ihren Stempel aufgedrückt und ihre Wünsche durchgesetzt.

Auch der Runde Tisch zur Zukunft des aufgelassenen Olympia-Bahnhofs und der Gleistrasse ist eine Forderung der Moosacher. Mit den unzähligen Anträgen zum Beibehalt des Metrobusses 50 sind sie bei der Stadt zwar gescheitert - immerhin fährt jetzt aber der 143er durch die vom öffentlichen Personennahverkehr abgehängten Straßen. Und manchmal lassen sich Niederlagen sogar in Siege verwandeln: So hat es zwar mit einem eigenen Bürgerbüro nicht geklappt. Dafür erhält der Stadtbezirk jetzt aber ein eigenes Volkshochschulzentrum, in das auch noch die Geschichtssammlung einziehen kann.

Hilfreich für den Stadtbezirk ist sicher auch, dass die Vertreter der beiden großen Parteien im Bezirksausschuss über gute Drähte ins Rathaus und zur höheren Politik verfügen, auch wenn das nicht immer ein Garant für Erfolg ist. Alexander Reissl, Chef der SPD-Stadtratsfraktion, ist Moosacher. Münchens Zweite Bürgermeisterin Christine Strobl zog unlängst in den Stadtbezirk. Auch die Landtagsabgeordnete Diana Stachowitz (SPD) lebt schon lange im Viertel, ebenso SPD-Bezirksrat Gerhard Wimmer. Und Alexander Dietrich (CSU), stellvertretender Vorsitzender im BA, ist selbst in der Stadtpolitik vertreten. Als Mitglied des Stadtrats war er erst jüngst im Konflikt zwischen lokalen und städtischen und damit auch parteilichen Interessen.

Im Bezirksausschuss hatte Dietrich bei den Planungen der umliegenden Bebauung für den künftigen Busbetriebshof den Verzicht auf ein markantes Pendant zum O2-Tower noch mitgetragen. Im Stadtrat blieb er der Abstimmung fern, um nicht dagegen stimmen zu müssen. Denn auf ein zweites Hochhaus an dieser Stelle beharrt die CSU im Rathaus aus städteplanerischen Gründen. Dem Bezirksausschuss jedenfalls war der Spatz in der Hand wichtiger als die Taube auf dem Dach: Ihm waren niedrigere und gut gestaltete Gebäude ringsum wichtiger als womöglich - mangels Investoren für ein Hochhaus - nur Busbetriebsgelände und Brache zu haben.

Kommt hinzu, dass Moosachs Bezirkspolitiker auf einen ganzen Stamm engagierter Bürger zugreifen können, die sich im Stadtbezirk einsetzen, sei es aus Vereinen wie dem Moosacher Gesamtverein oder dem Kulturverein "Die Linie 1", die von sich aus Projekte stemmen. Aber auch Einzelne, die sich für alle engagieren. Die Zusammenarbeit funktioniert bestens.

Die Arbeit des Moosacher Bezirksausschusses? Viel Fleiß, eigene Ideen haben und verfolgen, unzählige Gespräche, immer ein Ohr am Bürger, auch wenn es mal nervt, sich auch für Kleinigkeiten interessieren. Geduld, ständiges Auseinandersetzen mit Bürokratie und dicken Vorlagen, sich zu Sachlichkeit in Debatten zwingen und das alles nebenbei und ehrenamtlich.

An einem Strang ziehen die Fraktionen vor allem bei brisanten Themen, wie jüngst der Einrichtung einer Clearingstelle der Inneren Mission für minderjährige unbegleitete Flüchtlinge. Nachbarn hatten zu Protesten dagegen aufgerufen und immer neue Einwände vorgebracht. Innerhalb kurzer Zeit bildete sich eine Solidaritätsbewegung für die jungen Flüchtlinge mit noch mehr Unterschriften. Der Moosacher Bezirksausschuss steht geschlossen hinter dem Projekt. Dabei hätte man das Thema gut für den Wahlkampf ausnutzen können. Doch von aufgeheizter Stimmung ist in den Sitzungen in Moosach nichts zu merken. Gelegenheit dafür besteht sowieso nur noch einmal: Am 17. Februar ist die letzte Sitzung vor den Wahlen.

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