Höhenkirchen-Siegertsbrunn wählt:Angriff auf die Macherin

Ursula Mayer agiert in Höhenkirchen-Siegertsbrunn zupackend. Manchem ist die CSU-Bürgermeisterin zu forsch. Ihre Herausforderer Mindy Konwitschny und Joe Haneder wollen mehr Transparenz und setzen andere Prioritäten.

Von Christina Jackson

Ihre Katzen heißen Max und Genie. Ihr Motto lautet "Kinderlachen ist Zukunftsmusik" und in der knapp bemessenen Freizeit bemalt die Bürgermeisterin der Gemeinde Höhenkirchen-Siegertsbrunn Bären und Acryltiere. Auf dem politischen Parkett begegnet Ursula Mayer (CSU) den Fraktionen jedoch mit einem nüchternen Führungsstil. Er soll sich an Winston Churchill orientieren: "Politik ist die Kunst des Machbaren", steht in Anlehnung an den 1965 verstorbenen Staatsmann auf Mayers Internetseite.

Was der britische Premier Mitte des 20. Jahrhunderts formulierte, hat die Rathauschefin offenkundig für sich übernommen. Sie stilisiert sich gerne als Macherin: Die Realisierung der Umgehungsstraße (Spatenstich 2006), Bau des Gymnasiums (Spatenstich 2010) sowie des Seniorenzentrums und nicht zuletzt der Ausbau der Kinderbetreuungseinrichtungen nennt sie als die großen Errungenschaften ihrer beiden Amtsperioden seit 2002. "Zur Zeit befinden wir uns im Wahlkampf. Doch die Arbeit im Gemeinderat läuft gut: 80 Prozent unserer Beschlüsse erfolgten einstimmig." Eine Sichtweise, die die Opposition nicht teilt. "Die Bürgermeisterin macht ihr Ding und setzt sich oft genug mit Hilfe der Allgemeinen freien Wählergemeinschaft (AFW) im Gemeinderat durch", sagt Luitgart Dittmann-Chylla von den Grünen. Sie selbst sei oft von Bürgern ermutigt worden, für das Bürgermeisteramt zu kandidieren. "Angesichts meines Jobs als Architektin und der geringen Chancen einer kleinen Partei ist das keine realistische Option."

Was Mayer als Pflichtaufgaben bezeichnet, betrachten die Grünen als gefährlichen Luxus, der die ohnehin sinkenden Rücklagen weiter minimiere. Sowohl den Bau des Gymnasiums als auch die kostenintensive Sanierung des örtlichen Sportplatzes begreift Dittmann-Chylla als Kür. "Dazu kommt, dass es Frau Mayer nicht geschafft hat, das Gymnasium komplett zu unterkellern, weshalb die Neubiberger Schüler vorübergehend in den styrolverseuchten Containern sitzen mussten."

Als kritische Instanz begleitet Kämmerin Christine Schmidt die Vorhaben ihrer Vorgesetzten. In der jüngsten Haushaltssitzung mahnte sie einen strikten Sparkurs an. Zum Ende des Jahres 2014 fließen voraussichtlich rund ein Drittel der Rücklagen in Investitionen, so dass von den rund vier Millionen Euro derzeit nur noch rund eine Million Euro übrig bleiben wird. Zu den kommenden Ausgaben zählen auch drei Millionen Euro für die Sportplatzerneuerung im Ort. Ein Projekt, für das sich Mayer mit Nachdruck engagiert.

Die SPD stärkt ihr in dieser Angelegenheit den Rücken: "Wir sind der Meinung, dass das Geld gut angelegt ist." Dabei könnten die Meinungsverschiedenheiten beim Thema Finanzen zwischen CSU und SPD nicht deutlicher sein. Bürgermeister-Kandidatin Mindy Konwitschny (SPD): "Lediglich die Tatsache, dass die eineinhalb Millionen Euro Investitionen für das Ruf-Gebäude aus der Planung 2014 genommen wurden, hat unsere Fraktion dazu bewogen, den Haushalt anzunehmen." Die Grünen lehnten ihn ab. Bürgernah und Transparenz für den Gemeinderat: Diese Aspekte sind der jungen Herausforderin von Mayer wichtig. "Die Arbeit der Gemeinderäte wird unter Mayer nicht gewürdigt", moniert Konwitschny, 40. Beschlussvorlagen seien zu spät verfügbar, Diskussionen, wie jene zur Übernahme des Stromnetzes, würden auf die lange Bank geschoben.

Bei den Planungen zur Gestaltung und Nutzung des Rufgebäudes will Konwitschny die Bürger stärker einbeziehen. Daneben hat die Psychologin und Familienbetreuerin die Ortsentwicklung, bezahlbaren Wohnraum sowie die Energieversorgung im Ort auf der Agenda. Vor sechs Jahren scheiterte ihre Parteikollegin Anita Reiprich (49,4 Prozent) denkbar knapp in einer Stichwahl gegen Ursula Mayer (50,6 Prozent). Konwitschny kennt die Arbeit des Höhenkirchener Gremiums gut: Seit 2002 sitzt sie im Gemeinderat. Anders als Mayer, die vor ihrem Amtsantritt an der Spitze des Rathauses im Jahr 2002 bereits als Vizebürgermeisterin wirkte, verfügt die SPD-Kandidatin über wenig politische Führungserfahrung. Erst kürzlich machte sie den Einbürgerungstest, der als Voraussetzung für den Amtsantritt gilt. Konwitschny ist gebürtige Niederländerin und in der Schweiz aufgewachsen. Seit 2000 lebt sie Höhenkirchen-Siegertsbrunn.

Selbst die politischen Mitbewerber trauen der 40-Jährigen einiges zu: "Sie hat das Potenzial", sagt auch Ulrich Bug von den Unabhängigen Bürgern (UB). Gleichzeitig attestiert er Bürgermeisterin Mayer eine "solide" Amtszeit. Allein die Finanzierung des Gymnasiums nach dem "Public Private Partnership"-Modell sieht Bug rückblickend als eine Fehlentscheidung. Grundsätzlich seien die Positionen im Gemeinderat nicht allzu weit voneinander entfernt. Überwiegend einig sind sich die Fraktionen auch bezüglich der Asyl- und Obdachlosenunterkünfte. Die Herberge im Rufgebäude ist unumstritten, ebenso die Bereitstellung weiterer Duschen.

Der dritte Bürgermeister- und Außenseiterkandidat heißt Joe Haneder, 61. Er tritt für die Allgemeine freie Wählergemeinschaft (AFW) an und begreift die Ortsmitteplanung als ein Schwerpunktthema. Die übrigen Anliegen sind nicht neu: der Ausbau der Schulen, Kindergärten, Krippen und Hortplätze ist ein Dauerthema. Ebenso die rasche Umsetzung einer schnellen Internetverbindung im Ort oder die Verwirklichung der Fahrradunterführung nördlich der Bahnhofstraße. Haneder: "Über das Thema Kinderbetreuung wird zwar viel geredet, doch vieles ist noch nicht umgesetzt worden." Als Gymnasiallehrer mit der Fächerkombination Biologie und Chemie hat Haneder den Schulbetrieb kennen gelernt. Er ist Mitglied in bundesweiten Ausschüssen der Industrie- und Handelskammer und zählt zu den Gründern des Künstlerkreises. Haneder gehört nicht dem Gemeinderat an. Er kandidierte in der Vergangenheit zweimal für das Gremium.

Dass sich die gute Zusammenarbeit im neuen Gemeinderat 2014 fortsetzen wird, davon ist Ursula Mayer überzeugt. Für eine reibungslosere Kommunikation mit den Lokalpolitikern will sie die moderne Technik nutzen: "Wir werden Tablet-PCs einsetzen und die Vorlagen online senden." Schließlich erzählt die Bürgermeisterin von den schönsten Momenten ihrer Amtszeit. "Das war der Geburtstag einer 80-jährigen Frau, die mir drei Stunden lang aus ihrem Leben erzählt hat." Unvergesslich blieb Mayer ein Satz, den die Rentnerin zum Abschied sagte: "Sie sind die erste Person, mit der ich seit einem Monat geredet habe". Das, so Mayer, seien die Impulse, die sie brauche. Und deshalb, setzt sie nach, waren die sozialen Bauprojekte gut.

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