Graffiti-Künstler Loomit:Von einem, der auszog, das Sprayen zu lernen

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Mit dem Geltendorfer Zug, dem ersten komplett besprühten S-Bahnzug, wurde der Graffiti-Künstler "Loomit" bekannt. Inzwischen sprüht er weltweit - momentan in Georgien.

Sebastian Gabriel

Mathias Köhler, wie Loomit wirklich heißt, verfolgt schon seit Jugendtagen ein Ziel: mit dem, was Spaß macht, Geld zu verdienen. Inspiriert von Erzählungen über New Yorker Graffiti, schnappte sich der damals 15-Jährige den Vorrat an Spraydosen seiner Mutter, um den örtlichen Wasserturm zu bemalen. Nicht ohne Folgen: "Bilder malen, dabei Spaß haben und dann noch in die Presse kommen - das war das Größte", sagt er heute.

Gezeichnet von der Kunst: Loomit, der mit bürgerlichem Namen Mathias Köhler heißt, begann mit 15 Jahren mit der Arbeit. Heute ist der 42-jährige Münchner längst anerkannt in der Streetart-Szene. (Foto: Sebastian Gabriel (oh))

Kurze Zeit später, Loomit war mit seiner Mutter von Buchloe nach München gezogen, begann der steile Aufstieg in der Szene. Mit dem "Geltendorfer Zug", dem ersten whole train - einem komplett besprühten S-Bahnzug - wurde er zur Legende, denn Züge zählen zur Königsdisziplin der illegalen Sprayer. Die hohe Geldstrafe, die Mathias dafür erhielt, bezeichnet seine Mutter später als "Ausbildungsbeihilfe". Nach dem Abitur reiste der junge Künstler - jetzt bereits unter dem Pseudonym "Loomit" - nach New York, in die Bronx, und bemalte schon bald seine erste Wand. 1994 ging er bei seinem Idol, dem amerikanischen Graffitikünstler "Seen" in die Lehre. Die Ausbildung zum Tätowierer finanzierte er durch Spray-Aufträge von Kiosken und Tabledance-Schuppen.

Wie ein fahrender Ritter bereiste und bereist Loomit zahlreiche Länder, am liebsten solche, in denen Graffiti ein Fremdwort war oder ist. Neuseeland, Australien oder aktuell Georgien - Loomit ist gerne einer der ersten, der Buntes auf triste Wände bringt.

Immer wieder kommt der 42-Jährige zurück nach München. Hier hat er Frau und Kinder, die in der Au auf ihn warten, wenn er mal wieder in der Welt unterwegs ist. Auf dem Gelände der Kultfabrik hat er sein Atelier. Von dort aus plant er seine Projekte und koordiniert Gemeinschaftsprojekte. Momentan ist er beispielsweise mit anderen Künstlern dabei, den Fußgängertunnels unterhalb des Friedensengels zu bemalen. Wie so oft bringt er auch bei diesem Projekt wieder nationale und internationale Graffitigrößen nach München.

Vergleicht man die Hip-Hop-Kultur, hier Graffiti, mit einem Eisberg, dann gehört Loomit zu dem Teil, der über dem Wasser schwimmt und es geschafft hat, Streetart salonfähig zu machen, wie erst kürzlich eine Gemeinschaftsausstellung im Kunstsalon im Haus der Kunst zeigte. Es kommt es immer wieder vor, dass Neukunden verdutzt schauen, wenn nicht der erwartete Berufsjugendliche in weiten Hosen mit schiefem Cap vor ihnen steht. "Nur weil Graffiti als Jugendkultur gestartet ist, heißt das nicht, dass sie auch dort bleiben muss", sagt Loomit.

Angst davor, von Jüngeren aufs Abstellgleis geschoben zu werden, hat er nicht. Denn die, meint er, bringen nicht die großen Neuerungen, sondern die "Oldschooler" mit ihrer Erfahrung.

© SZ vom 27.08.2010 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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