Frittenbude in München:Das ist Raveland, Baby!

Dickes Beats und freche Texte: Mit ihrem Electro-Punk stellten Frittenbude die Münchner Muffathalle auf den Kopf - und hauchten ganz nebenbei dem totgeglaubten Rave neues Leben ein.

Beate Wild

Was hätte sich wohl die gute, alte Hildegard Knef gedacht, wenn sie gehört hätte, was Frittenbude aus ihrem Klassiker "Für mich soll's rote Rosen regnen" gemacht haben? Dem Münchner Publikum scheint die neue Version "Acid regnen" zu gefallen, denn das Gekreische ist groß, als die Drei am Samstagabend die Bühne der Muffathalle entern.

Frittenbude in München: Raver von heute: Die Konzerte von Frittenbude sind schnell ausverkauft und stets ein großer Spaß.

Raver von heute: Die Konzerte von Frittenbude sind schnell ausverkauft und stets ein großer Spaß.

(Foto: unknown)

Doch die meisten der hier anwesenden Fans sind erst um die 20 und wissen wahrscheinlich gar nichts von der Knef und ihrem Rosen-Song - dafür sind sie noch zu jung. Das Trio vorne auf der Bühne entspricht dagegen genau ihrem Zeitgeist.

Es hat im vergangenen Jahr hierzulande kaum eine Band so viel von sich reden gemacht wie Frittenbude. Mit ihrem zweiten Album "Katzengold" verzückten sie die Fans und brachten sämtliche Kritiker zum Schweigen. Der Name Frittenbude ist Programm, das sagen die Drei selbst. Nach eigener Definition produzieren sie "fettigen, ungesunden Scheiß elektronischer Natur".

Das Erfolgsgeheimnis der Rave-Punker ist: Sie treffen den Nerv der jungen Leute. Dicke Beats vor einer rotzigen Bass-Line, dazu elektronisches Soundgewitter und Texte, die frech anmuten, aber doch irgendwie in die Tiefe gehen. Sie handeln von Liebeskummer, Identitätsfindung und Partys - das, was einen 20-Jährigen eben so umtreibt. Zugegeben, beim ersten Hören dachte man sich noch: "Was singen die denn da?" Aber hört man die Songs öfter, erschließt sich einem eine andere Perspektive.

Beispielsweise in "Und täglich grüßt das Murmeltier". Da geht es um die Wiederholung von deutscher Geschichte. Die "Fritten" sind nämlich politisch engagiert und treten auch öfter mal bei Konzerten gegen rechts auf. In "Ob es reicht, sie zu finden" stößt man widerum auf poetische Wortspielereien wie "Zu wenig Zeit bleibt zum Denken, es ist Zeit um zu Denken, es wir Zeit umzudenken, wir haben noch Zeit zu verschenken."

Aber natürlich geht es bei Frittenbude auch immer um die Lieblingsbeschäftigung junger Menschen: dem Feiern. Dieses Thema behandeln die Musiker wiederum so inbrünstig, dass man mitunter schmunzeln muss, etwa bei der Textzeile "Ihr habt den Laden zertrampelt, und die Bar leer geschnapselt" im Song "Jetzt ist der Moment".

Trendsetter in Sachen Elektro-Pop

Der größte Hit der Electro-Rabauken war im vergangenen Jahr "Bilder mit Katze", in dem es um eine Jugendliebe geht. In den romantischen Kontext haben die Musiker werbetechnisch sehr effektiv ihr Plattenlabel Audiolith eingebunden: "Du kaufst der Frau, die du liebst, ein Shirt von Audiolith".

Überhaupt Audiolith: Das Hamburger Label ist im vergangenen Jahr zum Trendsetter in Sachen Elektro-Punk geworden. Neben Frittenbude haben sie auch noch Egotronic und Ira Atari unter Vertrag, die am Samstagabend ebenfalls ihre Auftritte in der Münchner Muffathalle hatten.

Frittenbude stammen übrigens ursprünglich aus Geisenhausen bei Landshut. Lange lebten sie in München und jetzt größtenteils in Berlin. Die Band wurde der Legende nach 2006 wärend einer Autofahrt zu einem Open-Air in Passau gegründet. Da das Autoradio nicht funktionierte, sangen Johannes Rögner, Martin Steer und Jakob Häglsperger einfach selbst - und fanden das anscheinend so inspirierend, dass sie kurzerhand beschlossen, fortan zusammen Musik zu machen.

Einen ihrer ersten Auftritte hatten sie im Münchner Club Registratur. Damals wurden sie noch ständig als billige Kopie der Hamburger Elektro-Punker Deichkind gehandelt. Doch spätestens seit dem Album "Katzengold" haben sie ihren eigenen Stil gefunden. Der Erfolg gibt ihnen Recht. Und von Frittenbude wird man noch einiges hören, das ist erst der Anfang.

Vor allem aber haben sie dem "Rave" wieder neues Leben eingehaucht. Als vor über 20 Jahren Techno in Mode kam, waren "Raves" ganz hip. Dann wurde das Wort irgendwie uncool, keiner wollte mehr ein "Raver" sein - bis Frittenbude kam und genau das von sich behauptet. Oder wie sie in ihrem Kettcar-Remix singen: "Das ist Raveland, Baby. Es ist alles wie immer, nur jünger."

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