Der Münchner Norden im Umbruch:Neu gemischt

Die Ergebnisse der Bezirksausschuss-Wahl 2014 zeigen: Die jahrzehntelange Vorherrschaft der großen Fraktionen Rot und Schwarz ist perdu, nicht bloß in Milbertshofen-Am Hart

Von Thomas Kronewiter

Der Münchner Norden im Umbruch: Hat gute Chancen: Markus Auerbach vom Bezirksausschuss Feldmoching-Hasenbergl.

Hat gute Chancen: Markus Auerbach vom Bezirksausschuss Feldmoching-Hasenbergl.

Vorbei die Zeiten der absoluten Herrschaft! Vor gut sechs Jahren war es noch anders in einem Teil des Münchner Nordens: Bis zur Kommunalwahl im Frühjahr 2008 hatte die SPD im Stadtbezirk Milbertshofen-Am Hart 16 von damals 31 Mandaten inne. Die Möglichkeit, sechs Jahre lang ohne Rücksicht auf Bündnispartner schalten und walten zu können, hat die rote Fraktion aber nicht genutzt: Die absolute Mehrheit ging schon nach nur einer Amtsperiode wieder verloren - und seitdem geht es nördlich des Petuelparks für die Genossen bergab - zunächst reichte es nur knapp nicht mehr für die 50-Prozent-Hürde, sechs Jahre später ist man von 48,2 auf 40,3 Prozent abgestürzt.

Das jahrzehntelange Duopol der großen Fraktionen Rot und Schwarz ist perdu, nicht bloß in Milbertshofen-Am Hart. Der Trend zur Verteilung der Stimmen auf mehr Parteien wird in den Stadtvierteln nur abgeschwächt durch die Tatsache, dass sich Splittergruppen und spontane Protestgründungen schwer tun, für die Basisarbeit überhaupt Personal zu rekrutieren oder notwendige Unterstützerunterschriften zusammenzubringen. So kommt es auch, dass etwa Michael Stürzenberger von der Partei "Die Freiheit" zwar in den vergangenen Monaten unermüdlich stadtauf, stadtab die Besucher von Bürgerversammlungen vor den Versammlungslokalen mit seinen Propagandazetteln traktierte, aber dennoch nicht auf dem Wahlzettel vertreten war. Wären die diversen Rechten wie bei der Stadtratswahl wählbar gewesen, hätte es vermutlich im einen oder anderen Viertel zu einem Platz im Bezirksausschuss gereicht - und an den Ergebnissen der großen Parteien weiter geknabbert.

So aber dürfte sich das Machtgefüge im Norden trotz der Abkehr enttäuschter SPD-Wähler und der Gewinne der CSU nicht zwangsläufig ändern: Dass die Konservativen in Milbertshofen-Am Hart, wie schon einmal 1996, aus Protest bei der Wahl des Vorsitzenden noch einmal einen grünen Kandidaten unterstützen, ist nach den Jahren unter Helmut Jahraus ebenso wenig vorstellbar wie ein CSU-Chef, der mit Stimmen der Grünen und der ÖDP ins Amt kommt. Ohne die ökologischen Parteien aber läuft nichts mehr bei der Mehrheitsbeschaffung in Milbertshofen-Am Hart.

Etwas anders ist die Ausgangslage in Bogenhausen, wo die grüne Vorsitzende Angelika Pilz-Strasser auf die Arbeit der vergangenen sechs Jahre pochen kann. Doch fehlen dort den nunmehr 15 Schwarzen so wenige Stimmen zu einer Mehrheit, dass sich ein völliges Neusortieren ebenso vorstellen lässt wie eine Wiederwahl der Grünen. Kaum vorstellbar ist eine große Koalition: Die dürfte nicht funktionieren mit den beiden Alpha-Tieren von CSU und SPD, Robert Brannekämper und Peter Scheifele.

Gute Aussichten auf seine Wiederwahl hat Markus Auerbach, Chef im nördlichsten Stadtbezirk Feldmoching-Hasenbergl. Dessen Fraktion tauschte zwar mit der SPD fast auf die Kommastelle genau das Ergebnis, es reicht für die von Rainer Großmann seit vielen Jahren angeführte CSU trotzdem nicht ganz zur Mehrheit. Großmann aber fehlt der Partner - und ob sich die Grünen der roten Avancen erwehren möchten, bleibt fraglich. An Großmann selbst wird es freilich nicht liegen, wenn seine Kandidatur misslingen sollte: Parteiübergreifend genießt der immer auf den Ausgleich bedachte frühere Bezirksausschuss-Vorsitzende hohen Respekt.

Spannung verspricht die konstituierende Sitzung in Schwabing-Freimann. Es ist keinesfalls sicher, ob Werner Lederer-Piloty (SPD) mit seinem Prinzip eines offenen Bündnisses die Wiederwahl schon abhaken kann. Das liegt zum einen daran, dass die Fraktion um Patric Wolf und um Polit-Schwergewicht Ludwig Spaenle (CSU) auch in den vergangenen Amtsperioden immer für eine taktische Finesse gut war: So wäre vor Jahren beinahe einmal Rosemarie Farkas von den Grünen zur Vorsitzenden avanciert. Dass der CSU-Bezirkschef Spaenle im Mai Lust verspüren könnte, die rot-grüne Dominanz zu brechen und Alternativen auf Stadtviertelebene den Weg zu ebnen, sähe ihm ähnlich.

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