Brunner-Prozess: Ex-Freundin sagt aus:"Hallo, ich erreiche dich jetzt nicht..."

Beklemmende Stimmung im Saal 101: Beim Solln-Prozess sagt die Ex-Freundin von Dominik Brunner aus. Außerdem zeigt sich, dass der Angeklagte Markus Sch. zur Tatzeit stark angetrunken war.

Christian Rost

Sie hat 14 Jahre mit Dominik Brunner zusammengelebt und ihn auch dann noch sehr gemocht, als sie kein Paar mehr waren. Sie sahen sich weiterhin zwei oder drei Mal im Jahr. So auch am 12. September 2009, als der 50-Jährige am Sollner S-Bahnhof von zwei Jugendlichen zusammengeschlagen wurde und danach einen tödlichen Herzstillstand erlitt.

Brunner starb an Herzstillstand - Anklage bleibt bei Mord

Petra P. lebte bis 2005 mit Dominik Brunner zusammen. Sie beschreibt ihn als gesundheitsbewussten Menschen, der weder über Herz- noch über andere größere Beschwerden klagte.

(Foto: dpa)

Schon den Abend zuvor hatten Petra P. und der Manager gemeinsam verbracht. Sie war extra nach München gekommen, um ihn zu besuchen. Sie gingen essen ins Café Glockenspiel und danach in eine Bar. Als sie ihn am nächsten Nachmittag noch einmal sprechen wollte "nach dem rundum gelungenen Abend", meldete sich an Brunners Mobiltelefon nur die Mailbox. "Hallo, ich erreiche dich jetzt nicht...", beginnt ihre Nachricht auf dem Anrufbeantworter. Ihr Freund hört ihn nicht mehr ab. Er ist zu diesem Zeitpunkt vermutlich schon tot.

Die Jugendstrafkammer des Münchner Landgerichts, vor der sich Markus Sch., 19, und Sebastian L., 18, wegen Mordes an Dominik Brunner verantworten müssen, hat bereits sieben Prozesstage mit Zeugenanhörungen und Aktenarbeit hinter sich gebracht. Bisher allerdings war die Stimmung im Saal 101 des Strafjustizzentrums nie so bedrückend und beklemmend gewesen wie an diesem Dienstag.

Petra Ps. Nähe zu Brunner kommt in jedem ihrer Worte zum Ausdruck, wenn die 51-Jährige mit warmer Stimme über das Opfer spricht. Die großgewachsene Frau mit langen blonden Haaren und randloser Brille hat sich ein positives Bild von dem Mann bewahrt, "der immer da war für mich". Und als der Vorsitzende Richter Reinhold Baier fragen muss, weil schließlich über eine Gewalttat verhandelt wird, was sie eventuell an seinem Charakter gestört habe, fällt ihr nichts ein: "Das weiß ich nicht", wischt sie die Möglichkeit eines Makels weg.

Bis 2005 lebte die Ärztin mit Brunner zusammen. Einem gesundheitsbewussten Menschen, der weder über Herz- noch andere größere Beschwerden klagte, der Sport trieb für seine Fitness, aber sich auch mal Zigarren und ein Glas Wein gönnte. Einem Mann, der es nicht mochte, wenn es bei einer Auseinandersetzung laut wurde, der auf gutes Benehmen Wert legte und sich durchaus einmischte, wenn jemand in Bedrängnis kam. Dieser Punkt interessiert die Prozessbeteiligten besonders, weil es nach den meisten der bisherigen Zeugendarstellungen eben Brunner war, der am S-Bahnhof als Erster die Hand zum Schlag erhoben hat.

Markus Sch. stark angetrunken

Das passt so gar nicht zu den Schilderungen von Petra P.: "Aggressionen hasste er eigentlich, und wenn er sich aufgeregt hat, dann hat er sich auch schnell wieder beruhigt." Sie bezeichnet Brunner zwar einerseits als "Sicherheitsfanatiker", der auch mal zwei Halbtagskurse in israelischer Selbstverteidigung genommen und Mitte der 90er Jahre auch ein Boxtraining absolviert hat. Vielleicht kann man das Wort Sicherheitsfanatiker aber auch durch Gerechtigkeitsfanatiker ersetzen, das Gericht hakt an diesem Punkt leider nicht nach.

Wenn sich also Brunner eingemischt hat, wenn irgendwo "jemand Angst hatte", wie Petra P. es beschrieb, dann habe ihr Freund mit stets gutem Zureden versucht, die Spannung aus der Situation zu nehmen. An einen konkreten Fall, wo der Manager eingeschritten war, kann sie sich nicht mehr erinnern, sie betont aber, dass er nie handgreiflich geworden sei.

Petra P. lässt sich von einer Begleiterin am Arm stützen, als sie den Zeugenstuhl und den Gerichtssaal schließlich verlässt. Der Verlust eines geliebten Menschen hat sie schwer getroffen. Die Eltern von Dominik Brunner, so hat Petra P. eben noch berichtet, seien am Tod ihres einzigen Sohnes völlig zerbrochen: "Für sie ist es sinnlos zu leben."

Am Dienstagmorgen kam ebenfalls heraus, dass der Angeklagte Markus Sch. bei der Tat so stark angetrunken war, dass seine "Steuerungsfähigkeit unter Umständen beeinträchtigt" gewesen sein könnte. Der damals 18-jährige habe neben Spuren von Cannabis auch 1,46 Promille Alkohol im Blut gehabt, teilte der Vorsitzende Richter Reinhold Baier mit. Bei der Blutentnahme zwei Stunden nach der Tat sei sein Gang sicher und das "Denkvermögen geordnet", aber seine Sprache verwaschen gewesen. Der ein Jahr jüngere Mitangeklagte Sebastian L. war nüchtern.

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