Internationales Restaurant Haidhausen "Broeding":Zu Gast bei Nachbarn

Wer keine österreichischen Weine mag, sollte das Broeding meiden. Aber: Er würde viel verpassen.

Hanne Rübenbauer

Dieser Text ist leider veraltet, das Restaurant gibt es inzwischen nicht mehr.

Internationales Restaurant Haidhausen "Broeding": Broeding-Inhaber und Chefkoch Manuel Reheis in seinem Restaurant in Neuhausen.

Broeding-Inhaber und Chefkoch Manuel Reheis in seinem Restaurant in Neuhausen.

(Foto: Stephan Rumpf)

Sagen wir es so offen wie die Warnung auf der Zigarettenpackung: Wer keine österreichischen Weine mag, sollte das Broeding meiden. Aber: Es wäre ein Fehler.

Seit dreißig Jahren schon gibt es das Broeding, ein nach Außen hin unscheinbares Restaurant in der Neuhauser Schulstraße, gleich um die Ecke vom Rotkreuzplatz. Und genauso lange servieren die Wirte Gottfried Wallisch und Manuel Reheis ein einziges, täglich wechselndes Fünf- oder Sechs-Gänge-Menü, ausschließlich mit Weinen aus dem Burgenland, der Wachau und weniger bekannten Anbauregionen wie dem Kamptal.

Und so gerät ein Abend im Broeding nicht nur zu einer kulinarischen tour d'horizon, die mit exotischen wie bodenständigen Kombinationen überrascht, sondern auch zu einer Weinprobe - vorausgesetzt, man lässt sich nach Österreich entführen.

Sein Können bewies der Chefkoch Reheis schon beim Amuse gueule. Ob die Esche, ein fester, geschmackvoller Fisch, mit mild fruchtigem Safranfenchel, oder die scharfen Glasnudeln mit Ente - die Häppchen waren gut kombiniert.

Das galt auch für die Vorspeisen, selbst wenn manche zunächst skeptisch machten: Gebratene Seeforelle mit Apfel, Avocado, Gurken und Dill sowie Wildkräutersalat - so viele Geschmacksrichtungen, kann das gut gehen? Es kann, wenn die Sinneseindrücke ausreichend überlappen. Das ist wie bei einer Cocktailparty mit Gästen, die sich nicht kennen. Doch wenn sie jeweils gemeinsame Interessen haben, wird es nicht langweilig.

Überhaupt war Fisch unser Favorit, so auch ein milder Renkenmatjes-Tartar oder - als Zwischengang - die Starnberger See-Forelle in einer scharfen Gazpacho. Schade, dass nicht mehr Fisch serviert wird - ausgerechnet in einem Restaurant, das nach Fischen benannt ist (aus dem englischen "Brooktrout" für Bachsaibling und dem schwedischen "Roeding", Seesaibling, wurde die Wortschöpfung Broeding).

Die Sommeliers begegnen auch Ahnungslosen Gästen auf Augenhöhe

Wer mag, lässt sich zu jedem Gang vom Sommelier ein 0,1 Liter-Glas (ein Schoppen ist bei den vielen Gängen kaum zu schaffen) des passenden Weins vorschlagen und kommt an Tropfen, von deren Existenz man nichts ahnte: Einen Muskateller aus dem Weinviertel, der viel schlanker ist als der elsässische, doch durch herbe Eleganz besticht.

Oder den "Gemischten Satz", bei dem die Rebsorten zusammen geerntet und vergoren werden - eine alte, längst verblasste Wiener Tradition, die zu einer Zeit entstand, in der man die Qualität durch möglichst unterschiedliche Trauben garantieren wollte. Dieser Edel-Verschnitt, der es auf satte 14,6 Prozent Alkohol bringt, gedeiht auf den kalkhaltigen Böden des Kamptals, eines südlichen Seitentals der Donau.

Oder an einen blaufränkischen Neckenmarkt aus dem Burgenland, der fast unerschwinglich ist, seit ihn der Weinkritiker Robert Parker empfahl. Sympathisch, dass wir ihn zum Glaspreis von fünf Euro bekamen. Sympathisch auch, dass die Sommeliers im Broeding ihr Wissen nicht vor sich hertragen, sondern selbst ahnungslosen Gästen auf Augenhöhe begegnen.

Hier gewinnt man tatsächlich an Wissen hinzu. Etwa, dass der Weinbauer Schiefer aus dem Burgenland einen blumigen, fruchtigen Welschriesling hinbekommt, obwohl das doch sonst eine recht herbe Sorte ist, indem er den Traubensaft länger auf der Hefe lässt oder dass die Beerenauslese am Neusiedler See so gut gelingt, weil der Nebel den Pilz begünstigt.

Bei so viel Wein gerät das Essen fast in den Hintergrund. Zu Unrecht, auch Zwischengänge und Hauptgerichte gelangen durchweg. Der Kaninchenrücken war perfekt gebraten, nur die gelben Zucchini schmeckten ein wenig fad. Interessant die Kombination von rosa Kalbstafelspitz und Kalbsleber auf einem schön scharfen Papaya-Chutney. Überraschend schließlich, wie sich aus Spitzkraut eine derart köstliche Beilage - zum Bauerngockel mit luftigem Steinpilz-Schmarrn - zaubern lässt.

Nichts lenkt vom Essen ab

Käse und Nachspeisen rundeten gut ab, unser Favorit war eine Marillenkaltschale mit weiß-dunkler Schokoladenmousse.

Keine Hintergrundmusik stört hier die Gaumenfreuden, kein Bild lenkt ab von den Kompositionen auf den Tellern. Der Service ist freundlich, die fünf beziehungsweise sechs Gänge (die Menüs kosten 59 respektive 64 Euro, offene Weine um 11 Euro pro Viertel) kommen im angenehmen Zeitabstand.

Zu bemängeln wäre allenfalls, dass die Tische recht eng beieinander stehen. Bei schönem Wetter ist in einem Hinterhofgarten gedeckt. Dieses Vergnügen war uns nicht vergönnt, und doch verließen wir das Broeding im Hochgefühl.

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