Beatsteaks in München:Hauptsache eins oben drauf

Laut und lausbubenhaft: Die Berliner Beatsteaks erobern die Münchner Olympiahalle im Sturm. Sowohl Band als auch Publikum geben an diesem Abend alles.

Beate Wild

Die Anspannung der Fans ist bereits zu spüren, als die Band noch im Backstage-Bereich lümmelt und Dendemann, der Rapper mit der heiseren Stimme, als Vorband gute Laune verbreitet. Als dann die fünf Beatsteaks am Donnerstagabend in der Münchner Olympiahalle auf der Bühne erscheinen, gibt es kein Halten mehr. Bei den ersten Klängen des Openers "Atomic Love" ist das Publikum schon in Ekstase. Und das soll noch die nächsten zwei Stunden so gehen.

Beatsteaks

Punk und Pop: Die Berliner Beatsteaks begeisterten 7000 Fans in der Münchner Olympiahalle.

(Foto: picture alliance / dpa)

Für eine Stadt, in der an jeder zweiten Ecke Sticker mit der Aufschrift "So not Berlin" prangen, erhält die Berliner Punkpop-Combo Beatsteaks einen äußerst euphorischen Empfang: Kunststück, ist die fünfköpfige Band spätestens mit ihrem aktuellen Album "Boombox" im Konsens-Kosmos irgendwo zwischen Seed und den Toten Hosen angekommen - was nichts anderes heißt als: Sie sind ziemlich kommerziell geworden.

"Lasst uns eine Samstagnacht machen", fordert Sänger Arnim von Teutoburg-Weiss das Publikum in der nicht ganz ausverkauften Olympiahalle auf - und findet begeisterten Widerhall. Es wird in die Hände geklatscht, Arme schwingen durch die Luft und das meist jugendliche Publikum springt umher und pogt, als könnte am nächsten Tag wirklich jeder ausschlafen.

Die Berliner Band spielt mittlerweile in Locations von der Größe einer Olympiahalle - ihre letzten Münchner Auftritte fanden noch in der Muffathalle und im Zenith statt. Die riesige Olympiahalle zum Kochen zu bringen, bedarf durchaus eines gewissen Rampensau-Charakters - doch den hat Sänger Arnim Teutoburg-Weiss wohl bereits mit der Muttermilch aufgesogen: Er wuchs in einer Zirkusfamilie auf. Er macht seine Sache als Chef-Animateur großartig, obwohl er deutlich in die Jahre gekommen ist und ein paar Pfund zuviel auf den Rippen hat.

Über die Zeit haben sich die Beatsteaks den Ruf erspielt, die beste Live-Band Deutschlands zu sein - woher dieses Gerücht kommt, bleibt ein Rätsel. Denn mit musikalischem Können lässt sich das nicht erklären. Die Pop- bis Rocksongs sind zwar fein geschrieben, aber nicht wirklich virtuos umgesetzt.

Konzerthallen zum Wohnzimmer gemacht

Als die Beatsteaks, die es schon seit 1995 gibt, noch durch kleine Clubs tingelten, hatten sie es leichter. Mit dem Image der Punk-Underdogs gelang es ihnen spielend, das Publikum zu überraschen. Mit "Boombox" haben sie jetzt allerdings ein Nummer-1-Album hingelegt, da steigen die Erwartungen automatisch. Immerhin haben die Berliner, wenn schon nicht den Ruf als beste, dann doch den als fröhlichste und ausgelassenste Live-Band der Republik verdient. Die Fünf legen sich mächtig ins Zeug - und die Stroboskop-Gewitter über den Gassenhauern wie "Cheap Comments" tun ihr übriges.

Das Geheimnis der Berliner liegt darin, dass sie ihre Konzerthallen zum Wohnzimmer machen - auch wenn die Besucher in der viel zu großen Olympiahalle in einigen Momenten merken, dass diese Arena für den kompakten Sound der Band zu groß ist.

Musikalisch beschränken sich die Beatsteaks auf ihre letzten drei Alben, wobei die Songs aus dem Album "Smack Smash" den größten Anklang finden. Mit genau diesem Album schafften die Berliner im Jahre 2004 den Durchbruch: Die Single "I don't care as long as you sing" wurde zum Hit - und die Band in ganz Deutschland bekannt.

Bei dem aktuellen Album haben, wie man hört, alle Bandmitglieder einen Teil komponiert. Und da die fünf Musiker einen unterschiedlichen Musikgeschmack haben, hört man das auch den Songs an - was kein Nachteil ist. Da gibt es das poppig-softe "Milk & Honey", das krautrockige "Cheap Comments" oder das reggae-lastige "Let's see". Allerdings ist vom viel gerühmten Punkrock-Rebellentum der frühen Jahre nicht mehr so viel übrig geblieben. Die Pop-Akzente sind mittlerweile überdeutlich zu hören.

Doch der Stimmung am Donnerstagabend in der Olympiahalle schadet das gar nicht. Die neuen Songs mögen poppiger sein, doch sie sind auch eingängiger. Und das weiß vor allem das überwiegend junge Publikum zu schätzen.

Schon 2003 sangen Die Ärzte in ihrem Lied "Unrockbar": "Wie kannst Du bei den Beatsteaks ruhig sitzen bleiben, wenn Dir doch Schlagersänger Tränen in die Augen treiben?". Der Satz stimmt noch heute.

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