"Backstage": Debatte um Konzerte:In der kulturellen Grauzone

Umstrittene Bands im Backstage: Nach dem Auftritt der Deutschrocker von "Frei.Wild" erhebt Grünen-Landesvorsitzender Janecek Vorwürfe gegen seine Stadtratskollegen.

Kathrin Haimerl

Münchens Grüne diskutieren über den richtigen Umgang mit dem Kultur- und Veranstaltungszentrum Backstage: Landesvorsitzender Dieter Janecek stellt sich hinter Veranstalter Hans-Georg Stocker. Es sei "absurd, einen gewollten Zusammenhang zwischen dem Auftritt der Band Frei.Wild und der Anti-Nazi-Demo am 13. November zu konstruieren", schreibt er in einer Mitteilung.

Backstage in München, 2010

In der Kritik: das Backstage an der Friedenheimer Brücke in München.

(Foto: Robert Haas)

Das Backstage hatte am 13. November, die Südtiroler Band Frei.Wild auftreten lassen, die auch in der rechtsextremen Szene Fans hat. Lydia Dietrich, Fraktionschefin der Grünen im Münchner Rathaus, hatte Kritik am Veranstaltungstermin geäußert. Sie hätte sich von Seiten des Veranstalters "mehr Sensibilität" gewünscht. Immerhin sind am selben Tag Neonazis durch die Münchner Innenstadt marschiert.

Grünen-Politiker Janecek, der im Bezirksausschuss Neuhausen-Nymphenburg sitzt, sagte zwar, dass auch er "fehlende Sensibilität und Kommunikation des Veranstalters nach außen im Zusammenhang mit sogenannten problematischen Bands" bemängele. Zugleich aber warf er seinen Stadtratskollegen fehlende Gesprächsbereitschaft vor. Demnach bemühe sich Hans-Georg Stocker "seit Monaten intensiv um den Dialog" mit den Stadträten, allerdings bislang "mit geringem Erfolg".

Das sei "schlicht falsch", widerspricht Grünen-Stadträtin Dietrich. Man habe bezüglich umstrittener Bands "sehr ausführliche Gespräche" mit dem Backstage-Betreiber geführt. "Aber ich bin nicht bereit, nach jedem Auftritt einer sogenannten Grauzonenband das Gespräch mit Herrn Stocker zu führen", sagte sie. "Irgendwann ist auch mal Schluss."

Hans-Georg Stocker selbst hält weiter an seine Entscheidung fest, die Band auftreten zu lassen, auch wenn er sich im Moment gegen massive persönliche Beleidigungen von linker wie von rechter Seite wehren müsse. Die Reaktion von Grünen-Politikerin Dietrich greift Stocker scharf an: Es sei "widerlich, wie hier auf Kosten von Jugendlichen, die keine Nazis sind, unter dem Deckmantel des Faschismus Populismus betrieben wird", sagte Stocker.

Es ist nicht das erste Mal, dass der Veranstalter mit umstrittenen Bands in die Kritik der Stadt gerät. Neben Frei.Wild waren in den vergangenen Wochen mehrere Bands aus der Metal-Szene aufgetreten, die aufgrund ihrer Anlehnung an die germanische Mythenwelt und das Neuheidentum bei rechtsextremen Fans gut ankommen. Stocker verteidigt diese "Grauzonenbands" mit dem Hinweis auf die Kunstfreiheit und damit, dass er selbst, aber auch sein Klub, über Schilder mit der Aufschrift "Nazi, fuck off!" die Ablehnung rechtsextremer Positionen immer deutlich gemacht hätte.

Heftige Proteste hatte es auch vor knapp einem Jahr gegeben, als der Reggae-Musiker Sizzla im Backstage auftrat. Sizzla ist berüchtigt wegen seiner schwulenfeindlichen und gewaltverherrlichenden Texte. Ähnlich verhielt es sich mit Bounty Killer, der 2008 in dem Münchner Klub singen durfte.

"Demokratie fördernde Institution"

Unterstützung erhält Grünen-Politiker Janecek von seinem Bezirksausschuss-Kollegen Roland Zintl. Er stehe "trotz der jüngst aufgetretenen Probleme klar hinter" dem Backstage. Zintl bezeichnete den Klub als "anti-rassistische, Jugendkultur und Demokratie fördernde Institution".

Grünen-Stadträtin Dietrich kündigte an, das Gespräch mit ihren Kollegen vom Bezirksausschuss in Neuhausen-Nymphenburg sowie Backstage-Betreiber Stocker suchen zu wollen. "Wir müssen uns überlegen, ob wir als Grüne weiterhin das Backstage unterstützen wollen, wenn dort ständig solche Bands auftreten."

Das Münchner Backstage, das sich inzwischen an der Friedenheimer Brücke befindet, gibt es seit knapp 20 Jahren. Es ist aus der Jugendkulturinitiative x-ray hervorgegangen. Das Veranstaltungszentrum erhält keine Förderung von der Stadt, verpflichtet sich aber nach eigenen Angaben nicht nur wirtschaftlichen Interessen. Die Arbeitsweise, heißt es auf der Internetseite des Klubs, diene nicht primär der Gewinnerzielung, "sondern der Gewährleistung von möglichst unkommerziellen Angeboten".

Der nächste Auftritt der Südtiroler Deutschrocker von Frei.Wild in München steht unterdessen bereits fest: Für den 25. Dezember kündigt das Backstage ein weiteres Konzert an. Auch dieses ist nach Angaben der Internetseite des Veranstaltungszentrums bereits ausverkauft.

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