Alexander Wolfrum:"Feiern am Feiertag ist kein Widerspruch"

Veranstalter Wolfrum organisiert eine Demo gegen das Tanzverbot - und erklärt, warum er das Gesetz für verfassungswidrig hält.

Beate Wild

Am Samstag findet in München eine Demonstration gegen das Tanzverbot an Feiertagen statt. Die Idee dazu hatte der 44-jährige Alexander Wolfrum. Bereits vor zwei Jahren gründete der Event-Veranstalter den Verein "Gesellige Toleranz in Bayern", um dem Tanzverbot im Freistaat den Garaus zu machen. Hauptberuflich ist Wolfrum Chef von G.R.A.L., der Werbegesellschaft Gründliche Realisierung Allgemeiner Lebensfreude, mit der er unter anderem das Kino-Open-Air am Königsplatz veranstaltet.

Eröffnung des renovierten P1 in München, 2010

Dürfen an katholischen Feiertagen nicht tanzen: Partygäste im P1.

(Foto: Alessandra Schellnegger)

sueddeutsche.de: Sie sagen, das bayerische Feiertagsgesetz sei verfassungswidrig. Warum?

Wolfrum: 2008 ist an den sogenannten "Stillen Feiertagen" wie Allerheiligen das ursprünglich für 3 Uhr morgens anberaumte Tanzverbot einfach per Ministererlass auf Mitternacht vorverlegt worden, nachdem sich die katholische Kirche wegen der in München stattfindenden MTV Music Awards beschwert hatte. Und das kritisiere ich: Warum kann sich die Kirche so stark einmischen? Warum entscheidet die Politik nicht eigenständig? Solche Grundrechtseingriffe müssen durch Gesetz und nicht durch Erlass geregelt werden. Generell kann ich kein verfassungsgemäßes Ziel in dem derzeitigem Feiertagsgesetz erkennen.

sueddeutsche.de: Das Argument für das Tanzverbot ist, dass das Feiern die religiösen Gefühle der Gläubigen stört.

Wolfrum: Wir sind doch nicht gegen die Kirche und ihre Anhänger! Und wir wollen sie auf keinen Fall stören. Wenn nachts in einem Club Leute tanzen, der kilometerweit von einer Kirche im Industriegebiet liegt, belästigt das doch niemanden. Warum darf man keinen Spaß haben? Das verstehe ich nicht.

sueddeutsche.de: Aber widerspricht sich das nicht: Feiern in einem Club an einem kirchlichen Feiertag?

Wolfrum: Für mich ist das kein Widerspruch. Auch wenn ich um 1 Uhr nachts noch in einem Club feiern war, kann ich trotzdem am nächsten Tag mit meiner Familie zur Oma ans Grab gehen. Wie gesagt: Wir sind ja für den Schutz von alle Glaubenseinrichtungen, aber gegen das Totalverbot von Vergnügen.

sueddeutsche.de: Was wollen Sie mit der Demo erreichen?

Wolfrum: Dass die katholische Kirche mit uns in Dialog tritt. Ich fordere mehr Toleranz für Leute, die sich amüsieren wollen. Zu unserer Demo hat jetzt auch das Bündnis "München ist bunt" aufgerufen, das an diesem Tag gegen den Nazi-Aufmarsch mobil macht. Wie dieses Bündnis treten auch wir für ein tolerantes München und für ein geselliges Miteinander ein.

sueddeutsche.de: Zwei Demos an einem Ort. Wieviele werden da wegen des Tanzverbots kommen?

Wolfrum: Wir erwarten 5000 Menschen, die dann mit uns vom Marienplatz zum Sendlinger Tor und wieder zurück ziehen. Um 11 Uhr geht es los, zwischen 12 und 17 Uhr ist die Zwischenkundgebung am Sendlinger Torplatz, wo auch Oberbürgermeister Christian Ude anlässlich der Anti-Nazi-Demo spricht. Auf dem Marienplatz sind dann bis abends durchgängig Aktionen.

sueddeutsche.de: Wie sehen denn Münchens Gastronome Ihr Engagement gegen das Tanzverbot?

Wolfrum: Die unterstützen mich natürlich. Es gibt schließlich neun von diesen stillen Tanzverbots-Feiertagen und das bedeutet für die Clubs enorme wirtschaftliche Einbußen. Es gibt Gaststätten, die deshalb am Rande einer Insolvenz stehen. Agenturen verlagern viele Vergnügungsveranstaltung in andere Bundesländer, in denen kein Vergnügungsverbot besteht oder diese Verbote einfach seit 20 Jahren von den Behörden nicht mehr durchgesetzt werden. Das kann doch nicht Ziel der katholischen Kirche sein, dass Arbeitsplätze in Bayern wegfallen.

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