München:Wo in München Recht gesprochen wird

Die Arbeitsplätze der Münchner Richter sind ganz unterschiedlich: Die einen sitzen in eindrucksvollen Palästen, die anderen in gesichtslosen Zweckbauten. Ein Überblick.

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Justizpalast: Zivilverfahren unter der Kuppel

Justizpalast München

Quelle: dpa

Der Justizpalast ist wohl das eindrucksvollste Gerichtsgebäude Münchens. Ein wuchtiger, neubarocker Bau direkt am Stachus, mal mehr, mal weniger schwarz angelaufen - je nachdem, ob er gerade wieder sandgestrahlt wurde. Allein seine Kuppel misst 66 Meter, breite Treppen wogen bis in den fünften Stock, ein Stück Einschüchterungsarchitektur, das der Entstehungszeit kurz vor der Jahrhundertwende entspricht.

Drinnen geht es allerdings ziemlich zivil zu: Eine ganze Reihe von Zivilkammern des Landgerichts Münchens tagt dort, Strafprozesse werden hier kaum verhandelt - außer es ist mit großem Andrang zu rechnen. So musste sich der frühere Bayern-Präsident Uli Hoeneß hier im Saal 134 im ersten Stock wegen Steuerhinterziehung verantworten. In den Sechzigerjahren wurde im Justizpalast auch gegen Vera Brühne verhandelt, die wegen angeblichen Mordes Lebenslang bekam. Und es gibt hier den Weiße-Rose-Saal, in dem unter der Nazi-Herrschaft Mitgliedern der Widerstandsgruppe der Prozess gemacht wurde.

Über den Gerichtssälen thront in den oberen Stockwerken das bayerische Justizministerium. Und in Richtung Bahnhof beherbergt ein roter Backsteinanbau das Oberlandesgericht München.

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Verwaltungsgerichtshof: Standesgemäß im Gärtner-Bau

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Quelle: imago stock&people

Noch unter König Ludwig II. hat der Bayerische Verwaltungsgerichtshof 1879 seine Tätigkeit aufgenommen. Zunächst in der ehemaligen Salinenverwaltung an der Ludwigstraße 16, wo heute die Uni-Bibliothek ist. Standesgemäß residiert der VGH seit 1913 in der Ludwigstraße 23, im sogenannten Damenstiftsgebäude.

Das klassizistische Bauwerk wurde von Friedrich von Gärtner errichtet, als Pendant zur gegenüberliegenden Staatsbibliothek. Trotz der modernisierten Sitzungssäle strahlt das historische Ambiente eine gediegene Atmosphäre aus. Dass die gut 60 Richter nicht die sonst üblichen schwarzen Roben tragen, sondern sich in edler anmutendes dunkelblaues Tuch hüllen, tut ein übriges.

Nur in Bayern gehören die Verwaltungsgerichte nicht zum Justizministerium, sondern sind dem Geschäftsbereich des Innenressorts zugeordnet. Nicht weniger ansprechend ist die Außenstelle am Ansbacher Montgelasplatz untergebracht - in dem 421 Jahre alten Renaissancebau der ehemaligen markgräflichen Kanzlei. "Mit der Unterbringung in den beiden historischen Gebäuden sind wir sehr zufrieden", sagt VGH-Sprecher Martin Scholtysik, "auch wenn alte Bauwerke dieser Art natürlich einen laufenden Renovierungsbedarf mit sich bringen."

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Verwaltungsgericht: Nüchterner Zweckbau mit Biergarten

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Quelle: Stephan Rumpf

Es ist nur ein angemieteter nüchterner Zweckbau in der Bayerstraße 30, mit dem sich die 39 Richterinnen und 36 Richter des Verwaltungsgerichts München bescheiden müssen. Trotzdem ist das Entree oft farbenfroh gestaltet: In den Wartezonen vor den Sitzungssälen finden immer wieder Kunstausstellungen statt. Bis zum August 1980 hatte das Verwaltungsgericht seinem Sitz in einem historischen Bau direkt neben seinem Berufungsgericht, dem VGH, in der Ludwigstraße.

Die Angehörigen der zumeist mit drei Berufs- und zwei Laienrichtern besetzten 25 Kammern, sowie die 75 Mitarbeiter, dürften allerdings die zentrale innerstädtische Lage zwischen Hauptbahnhof und Theresienwiese im Alltag mehr schätzen, als historisch bedeutsame Mauern. Gerade die Richter erfreuen sich an gut und modern ausgestatteten Einzelzimmern. Zudem gibt es ein akzeptables Angebot an Tiefgaragenplätzen. Die gute Kantine des Gerichts, die auch Mitarbeiter in umliegenden Büros zu schätzen wissen, dürfte zur Zufriedenheit beitragen. Zumal es im Sommer einen Innenhof mit Biergarten-Flair gibt. In manchen der sieben Sitzungssäle hört man deshalb bei geöffnetem Fenster Blätter rauschen - in anderen leider eher das Rauschen des Großstadtverkehrs.

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Arbeitsgericht: Barrierefrei im funktionalen Neubau

Arbeitsgericht München, Winzererstraße 106

Quelle: Florian Peljak

Früher sollten Gerichtsgebäude oft repräsentativ sein und in möglichst zentraler Lage die Staatsmacht verkörpern. Beim Arbeits- und Landesarbeitsgericht in München kennt man in dieser Hinsicht keinen Standesdünkel. Die Lage in der Winzererstraße 106 ist eher dezentral, und schon die Fassade strahlt nüchterne Funktionalität aus. Bayerns Arbeitsministerin Emilia Müller brachte es beim Einzug im Mai 2014 auf den Punkt: "Das neue Gebäude kombiniert die aktuellen Anforderungen an die Barrierefreiheit und die Sicherheit der Beschäftigten. Das Arbeitsgericht München ist damit ein Musterbeispiel und präsentiert sich als moderner Dienstleister für alle rechtsuchenden Bürgerinnen und Bürger."

Zuvor, seit 1974, waren beide Gerichte noch nebenan bei Nummer 104 untergebracht. Dieses Areal ließ damals immerhin noch Gedanken an Mies van der Rohe und die frühen Siebzigerjahre aufkommen. Das Beste, was man dagegen über das neue Haus sagen kann: Die klimatisierten und schallisolierten Gerichtssäle, als Herzstück des Neubaus, gewährleisten störungsfreie Verhandlungen. Und am Eingang bietet ein aufwendiges Sicherheitskonzept mit freundlichen Wachleuten höchstmöglichen Schutz für die Prozessbeteiligten.

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Bundesfinanzhof: Steuer-Richter in gediegener Villa

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Quelle: Catherina Hess

Bundesgerichte? Karlsruhe, natürlich. Dort sitzen die beiden wichtigsten, das Bundesverfassungsgericht und der Bundesgerichtshof. Aber auch Erfurt ist mit einem Bundesgericht gesegnet, Kassel, Leipzig - und München: Im feinsten Bogenhausen verrichtet der Bundesfinanzhof (BFH) in einer schlossähnlichen Villa seine Arbeit, und der gediegenen Umgebung entsprechend tut er das meistens leise und ohne viel Trara. Obwohl die Dinge, die dort entschieden werden, oft durchaus von grundlegender Bedeutung für fast alle Bürger sind, wenn es etwa um die Gestaltung der Lohnsteuer geht, ist das Gericht eher wenigen Münchnern bekannt.

Am Bundesfinanzhof landen alle Steuerstreitigkeiten in zweiter Instanz - mehr gibt es nicht in der Finanzgerichtsbarkeit. Wie bei der Verwaltungsgerichtsbarkeit ist eine Seite der Prozessbeteiligten stets der Staat, die andere der Bürger - der Bundesfinanzhof beziffert die Erfolgsquote auf 79:21 für den Staat. Nicht zuständig ist der BFH für Steuerstrafverfahren, diese werden in der allgemeinen Strafgerichtsbarkeit behandelt. Das Haus, in dem der BFH residiert, geht auf den Grafen Montgelas zurück, später baute der Maler Ernst Philipp Fleischer eine Residenz. Seit 1919 sitzen hier die obersten Finanzrichter Deutschlands.

© SZ vom 25.11.2015/rabe/emj/stha/bica
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