Surreal:Wie das Leben

Starkbieranstich am Nockherberg

Neue große Koalition: Antonia von Romatowski als Angela Merkel und Thomas Wenke als Martin Schulz.

(Foto: Tobias Hase/dpa)

Nockherberg: Die Politik spielt mit beim umjubelten Singspiel

Ist der Starkbieranstich auf dem Nockherberg jetzt nur ein großinszenierter Werbeabend einer Brauerei? Oder ist er doch eine Traditionsveranstaltung mit wegweisender politischer Bedeutung, allzumal in einem Wahljahr? Wer am Nockherberg bejubelt oder - am schlimmsten - gar nicht wahrgenommen wird, kann zumindest erahnen, wie es ihm im Rest des Jahres ergehen könnte. So gesehen kann zumindest Ministerpräsident Horst Seehofer gelassen bleiben. Denn Mama Bavaria Luise Kinseher ("sehr gut, aber deutlich weniger bissig als in den Vorjahren", Oberbürgermeister Dieter Reiter) ging in ihrer Fastenpredigt erstaunlich sanft mit ihren Kindern um. Die nahmen die Zurückhaltung dankbar auf - insbesondere Seehofer.

Als "voll gelungen, pfiffig und hintersinnig", lobte er die Rede. Der CSU-Chef hatte sich zum Starkbieranstich geschleppt. Er sei zwar angeschlagen, sagte Seehofer, "aber zum Nockherberg würde ich selbst noch mit dem Bett herkommen". Nach dem Singspiel ("köstlich") zeigte er sich so gelöst wie selten, plauderte trotz Erkältung noch lange mit Schauspielern. Anfang Mai will sich der Regierungschef ja erklären, ob er weitermachen will. Für Mama Bavaria steht die Zukunft der CSU schon jetzt fest: Seehofer bleibe Ministerpräsident, "und zwar noch sehr, sehr lange". Das führte zwar nicht zu Jubelstürmen im Saal, aber immerhin zu bravem Beifall. Ähnlich bei Joachim Herrmann, den die Bavaria als Innenminister nach Berlin schickt und zum Parteichef macht. "Aber Joachim, du musst dich schon bewegen, das Amt fällt nicht auf dich drauf."

Einer, dem diese Aussichten vermutlich gar nicht behagen, bekam zwar reichlich Aufmerksamkeit, aber weit weniger tragende Rollen als in den Vorjahren: Finanzminister Markus Söder. Abgehängt habe er seine Rivalin Ilse Aigner keineswegs, fand Kinseher. Die Wirtschaftsministerin habe halt Wichtigeres zu tun, als sich im internen Gerangel abzumühen. Söder lobte danach trotzdem Stück wie Schauspieler - und immerhin bleibe sein Double Stephan Zinner bei den Zuschauern ja immer am meisten in Erinnerung. Umjubelte Bühnenpremiere feierten SPD-Kanzlerkandidat Martin Schulz und Sahra Wagenknecht (Linke), auch Grünen-Fraktionschef Anton Hofreiter und der scheidende SPD-Landesvorsitzende Florian Pronold kamen im surrealen Singspiel groß raus. Der echte Pronold zeigte sich bestens gelaunt ("habe nie so viel gelacht"), obwohl er als reichlich naiv dargestellt wurde. Die große Show für die SPD fiel aber aus, da Schulz statt nach München zum Wahlkämpfen ins Saarland gefahren war.

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