Magier:Spiel mit dem Unmöglichen

Magier: Eben war das Seil noch mehrfach durchschnitten - plötzlich ist es wieder ganz. Kein Wunder, sondern ein Fall von "Change Blindness".

Eben war das Seil noch mehrfach durchschnitten - plötzlich ist es wieder ganz. Kein Wunder, sondern ein Fall von "Change Blindness".

(Foto: Peter Hinz-Rosin)

Jörg Alexander erzählt von berüchtigten Wetten und Gamblern

Von Barbara Hordych

Er gewann eine Wette gegen Al Capone, konnte angeblich Schlüssel ins Schlüsselloch werfen und zockte mit seiner berüchtigten Seewette gleich mehrere Millionäre ab: "Titanic Thompson hatte mit ihnen gewettet, dass er einen Golfball 500 Yards weit schlagen könnte", sagt Zauberkünstler Jörg Alexander. "Dann fuhr er mit den Millionären zu einem vereisten See und ließ den Ball eineinhalb Kilometer über das Eis schlittern", sagt der Münchner Magier. Über den historischen Gambler, der von Augenzeugen sogar mit dem Zauberer Merlin verglichen wurde, sagten seine Zeitgenossen: "Wenn der auf der Titanic mitgefahren wäre, dann wäre die nicht untergegangen" - woher auch sein Spitzname rührt.

Die Geschichte von Thompson, spätestens legendär geworden durch die von Marlon Brando gespielte Figur Sky Masterson in der Musical-Verfilmung "Guy's and Dolls", ist nur eine der Episoden, die Jörg Alexander in seinem Programm "Geschichtenzauber" erzählt. Und als Einleitung für seine eigenen Kunststücke nutzt. "Da gehe ich eine Wette ein, die ebenfalls scheinbar nicht zu gewinnen ist - ich lasse entgegen aller Wahrscheinlichkeit einen Gegenstand auf der Bühne erscheinen; wie ich das tricktechnisch mache, verrate ich natürlich nicht", sagt Jörg Alexander. Denn jedes Kunststück, dass man jemandem erkläre, nehme man ihm gleichzeitig weg. Und damit auch das Staunen. Doch genau dieses zu erzeugen, ist dem mehrfachen deutschen Vize-Meister der Zauberkunst wichtig. Weshalb er in seinem Programm auch die selbst verfasste Parabel "An der Kreuzung" vorträgt. Darin trifft ein Wissenschaftler auf die Verkörperung der Fantasie. Die Geschichte sei autobiografisch motiviert, denn verklausuliert enthalte sie auch eine Erklärung dafür, warum er sich als Diplom-Elektrotechniker für eine Laufbahn als Profi-Zauberkünstler entschieden habe. "Die Geschichte spiegelt sich anschließend in einem Kunststück wieder, das ich mit einem sichtbaren und einem unsichtbaren Kartenspiel vorführe", sagt Jörg Alexander. Der es nach eigener Aussage besonders liebt, vor den Augen seines Publikums eine "andere Realität" entstehen zu lassen. Wie es die großen Könner seiner Zunft schon seit Jahrhunderten zu tun pflegten. Schon immer spielen die bei ihren Kunststücken mit der fehlerhaften visuellen Wahrnehmung der Zuschauer. "Change Blindness" nennen die Hirnforscher dieses relativ neu entdeckte Phänomen, über das sie sich übrigens gerne mit Zauberkünstlern wie Jörg Alexander austauschen. Denn die Magier kennen das Phänomen schon seit Jahrhunderten - und nutzen die "Sprünge" in der Wahrnehmung für ihre erstaunlichen Effekte. So auch Jörg Alexander, wenn er seinem Publikum ein mehrmals durchschnittenes Seil plötzlich wieder als Ganzes präsentiert. Ein Erlebnis, "das die Zuschauer nicht kapieren können. Gleichzeitig kapieren sie aber auch nicht, warum sie es nicht kapieren", erklärt er. Es entstehe ein Widerspruch, den der logische Verstand nicht auflösen könne. Womit wir wieder beim Staunen angelangt wären.

Geschichtenzauber & Gaumenschmaus (von TasteMunich), So., 6. Dez. und Mi., 6. Jan. 2016, 19 Uhr, Teamtheater, Am Einlaß 4, 36 10 04 22

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