Missbrauch in der katholischen Kirche:Klage gegen früheren Papst Benedikt

Missbrauch in der katholischen Kirche: Ein Relief in der Frauenkirche erinnert an das Wirken von Papst Benedikt XVI. als Münchner Erzbischof.

Ein Relief in der Frauenkirche erinnert an das Wirken von Papst Benedikt XVI. als Münchner Erzbischof.

(Foto: Sven Hoppe/dpa)

Ein 38-Jähriger geht gegen einen Mann vor, der als Priester in den 90er-Jahren Kinder und Jugendliche in der Erzdiözese missbraucht haben soll. Auch der damalige Münchner Kardinal Ratzinger soll sich vor einem "weltlichen Gericht" verantworten.

Ein Missbrauchsopfer eines katholischen Priesters hat Klage gegen den mutmaßlichen Täter, aber auch gegen den emeritierten Papst Benedikt eingereicht. Die Klage richtet sich nach Berichten des Bayerischen Rundfunks, des Recherchezentrums Correctiv und der Zeit auch gegen das Erzbistum München und Freising und den ehemaligen Erzbischof, Kardinal Friedrich Wetter. Das Landgericht Traunstein bestätigte den Eingang einer Klageschrift, nannte dazu aber keine Namen oder Details.

Kläger ist den Medienberichten zufolge ein heute 38-jähriger Mann aus Bayern, der als Kind von dem Priester sexuell missbraucht worden sei. Mit Blick auf Joseph Ratzinger, den späteren Papst Benedikt, heißt es demnach in der Klageschrift, dieser habe als Kardinal "Kenntnis von allen Umständen" gehabt und habe es "zumindest billigend in Kauf genommen, dass dieser Priester ein Wiederholungstäter ist". Trotzdem soll Ratzinger den Priester wieder in der Seelsorge eingesetzt haben. Auf Anfragen wegen der eingereichten Klage reagierte der emeritierte Papst zunächst nicht. Ein Sprecher der Erzdiözese wollte sich nicht zu dem Verfahren äußern.

Der Pfarrer soll in den 1990er-Jahren in der Erzdiözese München mehrere Kinder und Jugendliche missbraucht haben. Die Kirchenleitung rund um den damaligen Erzbischof Ratzinger hatte den pädophilen Priester 1980 im Erzbistum aufgenommen und dessen Umgang mit Jugendlichen nicht unterbunden - obwohl dieser zuvor bereits in Essen durch mehrere sexuelle Übergriffe aufgefallen war. 1986 wurde der Pfarrer wegen Missbrauchs an mehreren Jugendlichen zu einer Bewährungsstrafe verurteilt, aber weiter als Priester eingesetzt.

Der Rechtsanwalt des Opfers, der Berliner Strafverteidiger Andreas Schulz, wende einen juristischen Kniff an, da die Taten strafrechtlich weitgehend verjährt seien, heißt es in den Medienberichten. Demnach hat er eine sogenannte Feststellungsklage eingereicht, mit der zwar keine strafrechtliche Verfolgung, möglicherweise aber eine Feststellung der Schuld der Kirche erreicht werden könne. Sein Mandant hoffe darauf, dass ein weltliches Gericht feststelle, dass der damalige Priester ihn missbraucht habe und deswegen "zum Ersatz des Schadens ihm gegenüber verpflichtet ist", heißt es den Medienberichten zufolge in der Klageschrift. "Er will erreichen, dass ein weltliches Gericht ebenfalls feststellt, dass der Papst Emeritus Benedikt XVI. hierzu verpflichtet ist, weil dieser als Erzbischof verantwortlich zugestimmt hat, den Priester wieder in der Gemeindearbeit einzusetzen, obwohl dem Erzbistum München und Freising die sexuellen Übergriffe bekannt waren."

Ein vom Erzbistum in Auftrag gegebenes Gutachten einer Anwaltskanzlei war zu dem Ergebnis gekommen, dass Fälle von sexuellem Missbrauch in der Diözese über Jahrzehnte nicht angemessen behandelt wurden. Auch dem emeritierten Papst Benedikt wird darin Fehlverhalten in mehreren Fällen vorgeworfen. Benedikt verfasste am Ende einen Brief, in dem er die Opfer um Entschuldigung bat. Konkrete Vertuschungsvorwürfe gegen sich wies er aber entschieden zurück.

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