München: Ökomenischer Kirchentag:Der Herzschlag des Glaubens

Während des Kirchentags ist die Heiliggeist-Kirche eine 24-Stunden-Gebetsort. Die Aktion Stay and Pray wirbt für das Gespräch mit Gott - mit teilweise ungewöhnlichen Mitteln.

A. M. Michel

Menschen jeden Alters sitzen auf den Bänken der Heiliggeist-Kirche am Viktualienmarkt. Viele sind im Gebet vertieft, haben die Hände gefaltet und die Augen geschlossen. Der Gottesdienst ist schon vorbei, aber die Kirche schließt noch lange nicht ihre Pforten - bis Mitternacht wird das Gotteshaus geöffnet bleiben. Bei der Aktion Stay and Pray werden die Passanten eingeladen, in die Kirche zu kommen, um dort zu beten.

Ökumenischer Kirchentag München, Ana Maria Michel

Wenn die Kirche zur Dauer-Gebetsstation wird: die Aktion

Stay and Pray

auf dem 2. Ökumenischen Kirchentag in München.

(Foto: Foto: Ana Maria Michel)

Aber nicht nur an diesem Samstagabend ist die Kirche eine Dauer-Gebetsstation: Bereits seit Donnerstag wird dort im Rahmen des 2. Ökumenischen Kirchentags ohne Pause gebetet. Bei dieser 72-Stunden-Gebetskette konnten sich evangelische und katholische Gemeinden gegenseitig abwechseln. Der Zirkel diente dazu, sich bei all dem Trubel des Kirchentags im Gebet ganz auf Gott konzentrieren zu können.

Bei der Aktion Stay and Pray stehen vor der Kirche Helfer mit Tabletts, die Gläser mit Teelichtern tragen. "Es ist ganz ungefährlich", sagt einer von ihnen, um einen Neugierigen in die Heiliggeist-Kirche zu locken. Auch im Eingangsbereich des Gotteshauses werden solche Lichter verteilt. Im Akkord zünden die Helfer die Lichter an.

Am Eingang gibt es außerdem bunte Zettel, auf denen die Gläubigen ihre Fürbitten, Sorgen oder Gebete notieren können. Mit denen gehen sie zum Altar. Zunächst aber ist Warten angesagt, denn die Aktion erfährt großen Zuspruch. Immer mehr Menschen betreten die Kirche, nehmen sich eine Kerze und reihen sich in die Schlange ein.

Wenn sie ganz vorne angekommen sind, können sie die Kerze abstellen und den Gebetszettel in eine Box werfen. Viele knien noch einen Moment lang nieder und ziehen dann aus der Vase mit der Aufschrift "Gottes Wort für dich" einen Zettel. Wenn sie den Bibelspruch lesen, haben viele ein Lächeln im Gesicht. Jemand sagt: "Das passt haargenau" und schüttelt den Kopf vor Verwunderung.

Wofür die Leute beten, kann man rechts direkt neben dem Kircheneingang sehen. Dort sind mit Wäscheklammern bunte Zettel an Leinen befestigt. "Ich bin dankbar für all die tollen Menschen in meinem Leben und bete dafür, dass es allen noch lange gut geht", hat jemand zum Beispiel geschrieben. Andere Zettel machen nachdenklich: "Lieber Gott, bitte führe meine Tochter in ein normales Leben zurück", steht dort.

Die Aktion in der Heiliggeist-Kirche wird musikalisch begleitet. Der Leiter der Musikgruppe animiert die Gläubigen zum Mitsingen, indem er Augustinus zitiert: "Wer singt, der betet doppelt."

Das interaktive Gebet wird durch verschiedene Gebetsstationen in der Kirche gefördert. Besonders ungewöhnlich ist ein Zelt, das links neben dem Eingang steht. Es ist mit Kissen ausgelegt und im Innenraum liegen außerdem Stethoskope. Wer sich fragt, was das zu bedeuten hat, findet neben jeder Gebetsstation ein Plakat mit einer kleine Erklärung oder Anleitung. Hier erfährt jeder Neugierige, dass er mit den Stethoskopen seinen Herzschlag abhören soll, um seinen Körper zu erfahren und um sich als von Gott erschaffene Kreatur zu begreifen.

Eine andere Gebetsstation widmet sich ganz den Stars. Eine Stellwand ist über und über mit Fotos von Prominenten beklebt. Franck Ribéry und Barack Obama hängen dort neben Jennifer Lopez. Nach jedem Gebet für einen Star können die Leute ein silbernes Papiersternchen in eine Vase werfen.

Immer mehr Menschen kommen in die Kirche, wandern mit Kerzen umher und schauen sich die Gebetsstationen an. "Ich hoffe, dass die Lichter bis 24 Uhr reichen", sagt eine der Helferinnen.

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