KVR-Chef Blume-Beyerle:"Ich will keine Raucherpolizei aufbauen"

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Er überwacht das Rauchverbot: Wilfried Blume-Beyerle, Chef des Münchner KVR über die Kunst, mit 60 Kollegen 8000 Lokale zu kontrollieren - und warum die Wiesnwirte eine Schonfrist bekommen.

Tobias Dorfer

Das Votum der Bayern war eindeutig: Von August an darf in Gaststätten, Kneipen und Festzelten nicht mehr geraucht werden - und zwar ohne Ausnahme. Damit gilt im Freistaat künftig das deutschlandweit schärfste Rauchverbot. Ob die neuen Regeln auch eingehalten werden, sollen die Kommunen kontrollieren. In der Landeshauptstadt München fällt diese Aufgabe in den Bereich des Kreisverwaltungsreferats. Dessen Chef Wilfried Blume-Beyerle muss künftig mit 60 Inspektoren 8000 Gaststätten überwachen. Im Gespräch mit sueddeutsche.de erklärt er, wie das zu schaffen ist.

Wilfried Blume-Beyerle, der Chef des Münchner Kreisverwaltungsreferats, muss in der bayerischen Landeshauptstadt das Nichtraucherschutzgesetz kontrollieren. Dafür hat er lediglich 60 Inspektoren zur Verfügung. (Foto: Fotos: Stephan Rumpf, iStockphoto / Grafik: sueddeutsche.de)

sueddeutsche.de: Herr Blume-Beyerle, die Bayern haben am Sonntag für ein striktes Rauchverbot gestimmt. Ärgert Sie das?

Wilfried Blume-Beyerle: Überhaupt nicht. Ich habe das Ergebnis so erwartet. Jetzt müssen wir sehen, wie wir damit zurechtkommen.

sueddeutsche.de: Immerhin kommt Ihnen jetzt die undankbare Aufgabe zu, das Rauchverbot auch durchzusetzen. Dafür brauchen Sie Personal. Wie soll das angesichts leerer Kassen funktionieren?

Blume-Beyerle: Wir werden das machen, was der Gesetzgeber verlangt: nicht flächendeckend kontrollieren, sondern auf Beschwerden reagieren, Stichproben nehmen und vor allem auf die soziale Kontrolle setzen. So sind wir bisher auch vorgegangen. Nur die Voraussetzungen sind andere. Aber ich will auf keinen Fall eine Raucherpolizei aufbauen.

sueddeutsche.de: Sie wollen überhaupt nicht mehr Leute für die Kontrollen?

Blume-Beyerle: Ich bin realistisch genug zu wissen, dass wir mehr Personal angesichts der knappen Haushaltskasse nicht bekommen werden. Erst in der vergangenen Woche habe ich mich im Stadtrat um eine Viertelstelle gestritten - erfolglos.

sueddeutsche.de: Sie haben lediglich 60 Inspektoren ...

Blume-Beyerle: ... und die sind nicht nur für den Vollzug des Gesundheitsschutzes da, sondern müssen sich noch um viele andere Aufgaben kümmern. Außerdem haben wir für 8000 Gaststätten auch nicht Hunderte Lebensmittelprüfer, ohne dass die Lebensmittelhygiene darunter leidet.

sueddeutsche.de: Wie viele Kontrolleure bräuchten Sie, um das Gesetz flächendeckend umzusetzen?

Blume-Beyerle: Das ist eine hypothetische Frage. Denn unser Rechtssystem beruht ja nicht darauf, dass die Einhaltung eines jeden Gesetzes zu 100 Prozent kontrolliert wird. Die Polizei kann auch nicht sicherstellen, dass niemand bei Rot über die Ampel fährt.

sueddeutsche.de: Aber es gibt Blitzgeräte und Streifenpolizisten. Wie wollen Sie dafür sorgen, dass dieses Gesetz vom 1. August an auch umgesetzt wird?

Blume-Beyerle: Wir werden kontrollieren, wie wir das bisher auch getan haben. Sicher werden wir zu Beginn verstärkt darauf achten, dass die neuen Regelungen eingehalten werden. Wenn es Beschwerden gibt, werden wir konsequent eingreifen. Das wird sich herumsprechen. Und außerdem handelt es sich beim Nichtraucherschutz ja um kein unpopuläres Gesetz. Die Raucher werden immer rücksichtsvoller, die Nichtraucher werden offensiver ihre Meinung sagen. Ich bin sicher: Da wird sich vieles von selbst regeln.

sueddeutsche.de: Sonst müssten eben doch die Kontrolleure ran. Ein Dilemma?

Blume-Beyerle: Nein. Wir wissen, wie man effektiv kontrolliert. Wenn draußen viele Leute stehen, dann kann der Bezirksinspekteur davon ausgehen, dass drinnen nicht geraucht wird. Wenn draußen niemand steht, geht er rein. Die Schwachstelle ist die Zeit nach 22 Uhr. Da denken viele Wirte noch, sie dürften das Rauchen zulassen oder es werde nicht kontrolliert. Aber da täuschen sie sich.

sueddeutsche.de: Werden Sie gleich hart durchgreifen?

Blume-Beyerle: Auf jeden Fall. Es gibt keine Übergangsfrist. Von August an darf nicht mehr geraucht werden. Wirte, die sich nicht daran halten, müssen mit einem Bußgeld rechnen. Das kann am Ende auch dazu führen, dass ein Wirt seine Konzession verliert.

sueddeutsche.de: Wie teuer kann ein Verstoß werden?

Blume-Beyerle: Gegen Raucher und Wirte kann ein Bußgeld von fünf bis zu 1000 Euro erlassen werden. Das hängt aber vom Einzelfall ab. Einem Eckkneipenwirt wird man nicht 1000 Euro abnehmen, so viel Umsatz macht der gar nicht. Da fängt man je nach Einzelfall mit circa 200 Euro an und erhöht bei einem erneuten Verstoß entsprechend. Beim dritten Mal wird's schon gefährlich.

sueddeutsche.de: Das Rauchverbot gilt auch für Festzelte. Dennoch wird auf dem Oktoberfest in diesem Jahr nicht kontrolliert. Ein Zugeständnis an die Politik?

Blume-Beyerle: Nein. Das hat andere Gründe. Normalerweise müssen die Raucher rausgehen, um zu qualmen. Das ist aber bei einem großen Bierzelt nicht so einfach, weil der Gast danach meist nicht mehr reinkommt. Die Wiesnwirte müssen daher einen Raucherbereich außerhalb des Zeltes einrichten. Für dieses Jahr war das nicht möglich, weil die Gastronomen ihre Pläne schon im Januar eingereicht haben. Deshalb kontrollieren wir in den Wiesnzelten in diesem Jahr nicht. Aber 2011 muss das Oktoberfest rauchfrei sein.

sueddeutsche.de: Zu wenig Personal, keine Kontrolle auf der Wiesn - das Kreisverwaltungsreferat wirkt in der Raucherfrage wie ein zahnloser Tiger. Machen Sie sich keine Sorgen um die Außenwirkung?

Blume-Beyerle: Ein wenig schon. Bei manchen Bürgern ist ja auch der Eindruck entstanden, wir wollten das Gesetz gar nicht umsetzen. Das stimmt nicht: Ich bin sicher, dass sich das absolute Rauchverbot durchsetzen wird. Und wir werden unseren Beitrag dazu leisten.

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