Verkehr:Konkurrenz

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An Münchens zentralen Plätzen drängen sich viele Nutzer auf engem Raum. Die Taxifahrer fühlen sich davon ausgebremst: Die Stadt hat seit 2011 innerhalb des Mittleren Rings fast 50 ihrer Stellplätze gestrichen

Von Marco Völklein, München

Der Partnachplatz, sagt Taxifahrer Tom Buntrock, sei ein gutes Beispiel: Dort hat die Stadt die Zahl der Stellplätze am Taxistandplatz von einstmals 13 auf nun zehn verkürzt. Durch den Wegfall der Stellplätze würden die Nutzer des öffentlichen Nahverkehrs, die aus der U-Bahn kommen, die Taxis nun nicht mehr sehen. "Ein Umstand, der sich auf die Fahrgastzahlen auswirken wird", glaubt Buntrock. Und er ist keineswegs allein mit seiner Sorge. Viele Münchner Taxler fürchten um ihre Umsätze, weil die Stadt sie immer stärker verdränge. "Insbesondere an lukrativen Standplätzen, beispielsweise an den wichtigen Verkehrsknotenpunkten in der Innenstadt, müssen wir um jeden Platz erbittert kämpfen", sagt Frank Kuhle von der Taxi München eG.

Die Genossenschaft hat aufgelistet, wo überall in der Stadt in den vergangenen fünf Jahren die Taxistellplätze verringert oder komplett aufgehoben wurden; gegengerechnet haben Kuhle und seine Leute Plätze, die von der Stadt neu eingerichtet wurden. Auf das gesamte Stadtgebiet bezogen, kommen die Taxler so zwar auf lediglich fünf Stellplätze, die unterm Strich wegfielen. Sehr viel mehr weh tut den Unternehmern aber eine andere Zahl: Betrachtet man nämlich nur das Gebiet innerhalb des Mittleren Rings, sind seit Anfang 2011 fast 50 Taxi-Stellplätze gestrichen worden. Und viele Taxler fürchten, dass der Stellplatzschwund nicht beendet ist.

Tatsächlich will die Stadt innerhalb des Altstadtrings weitere Stellplätze kürzen. So soll von Februar an der Stand auf dem Marienplatz verschwinden. CSU und SPD im Rathaus hatten Mitte November beschlossen, die Fußgängerzone am Marienplatz komplett gen Osten bis zum Alten Rathaus auszudehnen und alles, was Räder hat, von Münchens zentralem Platz zu verbannen - also neben den Taxis auch die Busse der Münchner Verkehrsgesellschaft (MVG) sowie die Radfahrer. Sobald Mitte Februar der geplante Großumbau des Hugendubel-Hauses am Marienplatz startet, wird die Sperre in Kraft treten, wenngleich ein Kläger aktuell versucht, per einstweiliger Verfügung dies zu verhindern.

Aber nicht nur am Marienplatz, auch ein Stück weiter nördlich, am Odeonsplatz sollen Taxis künftig weniger Platz haben. Denn wegen der Komplettsperrung des Marienplatzes für Fahrzeuge will die Stadt die Radler auf die neue Nord-Süd-Trasse durch den Hofgarten lenken. Damit die vor dem engen Hofgartentor mehr Platz haben, soll der Taxiplatz ein Stück weit nach Norden rücken. Dort aber stehen die Busse der MVG. Deshalb gehen die städtischen Planer davon aus, dass fünf bis zehn Stellplätze wegfallen werden. Schon jetzt gibt es Unmut in der Taxibranche darüber: Denn der Standplatz am Odeonsplatz gilt als einer der stadtweit lukrativsten.

Aber nicht nur innerhalb der Altstadtgrenzen fürchten die Taxler um ihre Standplätze. Auch die Plätze am Siegestor in der Maxvorstadt sowie am Willibaldplatz in Laim stehen unter Druck. "Da sollen Wohlfühlzonen ohne Taxis geschaffen werden", sagt Buntrock. Tatsächlich konkurrieren die Taxler ständig mit anderen Nutzern um den raren Raum an den zentralen Plätzen. So benötigen die städtischen Planer unter anderem Platz für neue Radabstellanlagen an den U- und S-Bahnhöfen, für zusätzliche Carsharing-Parkflächen oder auch nur für etwas mehr Grün oder einige Sitzbänke für Passanten, um ein Viertel wohnlicher zu gestalten. Von einer "Verbesserung der Aufenthaltsqualität" sprechen die Planer dann.

So wäre es aus Sicht der Stadtgestalter wünschenswert, wenn der Taxi-Standplatz auf dem Bahnhofsvorplatz verschwinden würde. Der muss ohnehin zumindest vorübergehend weichen, sobald die Deutsche Bahn den zweiten S-Bahn-Tunnel und den geplanten Neubau des Hauptbahnhofs anpackt. Erste Arbeiten dazu sollen, nach den bisherigen Plänen zumindest, bereits im Sommer 2016 auf dem Vorplatz anstehen. Spätestens dann müssen die Taxis weg. Und eine Rückkehr der elfenbein-farbenen Flotte ist bisher nicht vorgesehen: Wenn vom Jahr 2025 an die Züge durch die neue Röhre rauschen werden und das neue Bahnhofsgebäude steht, will die Stadt den Vorplatz nur noch Fußgängern, Radfahrern und Trambahnen zur Verfügung stellen. Autofahrer, also auch Taxler, sollen dann nur noch im Norden über die Arnulfstraße und im Süden über die Bayerstraße den Hauptbahnhof ansteuern können.

Ein wahres "Streichkonzert" sei das, schreibt Buntrock im Fachmagazin Taxi Times. Er hat auch schon einen Protestkorso von Fahrern gegen die Streichung von Stellplätzen am Harras organisiert. "Dem muss dringend Einhalt geboten werden." Immerhin gehe es bei den Stellplätzen um die "Lebensgrundlage des Taxigewerbes", so Buntrock. Auch Genossenschafts-Chef Kuhle betont immer wieder, dass die Taxis ein quasi-öffentlicher Verkehr seien. Die 3400 Droschken in der Stadt hätten Aufgaben, die mit denen von Bussen und Bahnen vergleichbar seien - schließlich werde deshalb die Branche auch von der Stadt reguliert und kontrolliert. "Im Gegenzug", sagt Kuhle, "hat die Stadt aber auch eine gewisse Fürsorgepflicht für das Gewerbe."

© SZ vom 13.01.2016 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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