München:Giesing in Schockstarre

München: Nicht mehr zum Anschauen - frustrierte Fans im Löwenstüberl.

Nicht mehr zum Anschauen - frustrierte Fans im Löwenstüberl.

(Foto: Robert Haas)

Kopfschütteln, verbitterte Gesichter, Frust. Die Löwen steigen ab und in den Kneipen der Stadt sind die Menschen sprachlos. Und traurig.

Von Laura Kaufmann

Über den blauen Himmel haben sich Schlieren gezogen, ein Gewitter braut sich zusammen, und in Giesing ist es ungewöhnlich still. Die Luft drückt, und die Leute, die hintereinander aufgereiht im Wirtshaus sitzen, haben ihre Stirn zusammengezogen wie die Wolken draußen. Auf zwei Bildschirmen läuft das entscheidende Spiel, im "Giesinger Garten" am Hans-Mielich-Platz zum Beispiel. Trikots und Schals trägt kaum einer. Die, die am meisten zittern, sind eh ins Stadion gepilgert oder schauen konzentriert daheim.

Im Giesinger Garten haben sie noch die Ruhe, einen Schweinsbraten zur ersten Halbzeit zu bestellen. Aber nach einem empörten Aufschrei, einer Hand ans Herz zum 1:0 für Regensburg, verdunkeln sich die Gesichter. Sorgenvolle Blicke. Verzweifeltes Brüllen, als eine Chance gehalten wird, und dass Regensburg einen Moment später den zweiten Ball versenkt, das geht in Fassungslosigkeit unter. "Nicht ernsthaft", sagt einer am Tisch im Eck. Sein Freund wendet den Blick vom Bildschirm ab. "Jetzt müssten sie drei Tore machen, drei Tore!", immer noch fassungslos. Kopfschütteln. War es das wirklich? Jetzt schon? Finstere Mienen an der Bar.

Angstvolle Gesichter vor Boazn, hektisch an Zigaretten ziehend

Verschiedene Stadien von Trauer in den Mienen, und in der Pause raus. In ganz Giesing einzelne, angstvolle Gesichter vor Boazn, hektisch an Zigaretten ziehend. Vor dem Maibaumstüberl entlädt sich der Frust. Einer, der etwas zu viel Schmerbauch hat für sein Alter, brüllt, die Presse möge sich ... möge sich doch woanders hinbegeben.

Auf den Bänken des Riffraff an der Tegernseer Landstraße starren alle auf den Fernseher. "Drei Tore, das schaffen die Löwen nie", murmelt einer. Weiter dahin, wo die Herzen bluten, ins Löwenstüberl. Zur Christl. Sie sitzt zwischen ihren Gästen, das Gesicht in den Händen vergraben. Es ist vollends zugezogen jetzt, kein Blau mehr am Himmel. Das schlimme Verhalten der Fans im Stadion, unwürdig, Abstieg, und dann noch so. Kollektives Kopfschütteln. Abpfiff. "Jetzt ist's so weit", sagt ein Blauer, zündet sich eine Zigarette an und verlässt die Runde, noch Contenance wahrend. Stille. Leere Gläser werden mit zittrigen Mundwinkeln abgeräumt. "Wahnsinn", sagt die Wirtin. Sie geht. Das Stüberl leert sich. Dritte Liga. Den Schock muss Giesing jetzt verdauen. Bleibt abzuwarten, ob sich das Gewitter noch entlädt.

Im Stadion ist das schon kurz vor Spielschluss passiert. Die Polizei meldet zehn leicht verletzte Beamte, die von Wurfgeschossen wütender Fans - Sitzschalen und Stangen - getroffen wurden. Wie zum Hohn leuchtet die Fröttmaninger Arena am Abend in Blau.

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