München:Für die Zukunft gebaut

Das neue Schulgebäude am Sandbienenweg in der Nordhaide zeigt sich bei einem ersten Rundgang funktional und durchdacht

Von Ulrike Steinbacher

Als erstes fällt der Gegensatz ins Auge: Hier die schreiend bunte Fassade des Einkaufszentrums Mira, die aussieht, als hätte jemand farbige Container übereinandergestapelt. Und dort, gleich auf der anderen Seite des kleinen Sandbienenwegs, ein lang gestreckter, schmuckloser weißer Quader. Noch stehen dort schwere Baumaschinen vor der Tür, der Vorplatz ist erst zu gut zwei Dritteln gepflastert, aber der Edelstahl-Pylon am Eingang ist schon fertig: "Berufliches Schulzentrum an der Nordhaide" steht darauf. Und die drei Briefkästen darunter zeigen, welche Schulen hier im September einziehen werden: die städtische Robert-Bosch-Fachoberschule für Wirtschaft (FOS), die sich bisher mit der staatlichen Fachober- und Berufsschule Wirtschaft ein Gebäude an der Lindwurmstraße 90 geteilt hat, und die städtische Berufsoberschule Wirtschaft (BOS), die an der Heidemannstraße 164 untergebracht war, ebenso wie die städtische Fachakademie für Heilpädagogik (FAH).

Dass der Neubau tatsächlich pünktlich zum neuen Schuljahr fertig wird, ist angesichts der Baugeschichte alles andere als selbstverständlich. Kaum war nämlich die Baugrube ausgehoben, der Termin für die Grundsteinlegung festgesetzt, da ging im Sommer 2013 die Baufirma pleite. Die Stadt hatte aber "Glück im Pech" wie Baureferentin Rosemarie Hingerl am Dienstag bei einer Besichtigungstour sagte. Ein anderes Unternehmen, das sich ebenfalls um den Auftrag beworben hatte, konnte nach neuerlicher Ausschreibung einspringen. Danach begann die Aufholjagd mit Sechs-Tage-Wochen und Schichtarbeit, man war schließlich drei Monate hintendran.

Aber nicht nur die Verzögerungen wurden aufgeholt, Hingerl hatte noch eine weitere gute Nachricht: Das Projekt wird deutlich billiger als geschätzt, da viele Aufträge günstig vergeben werden konnten. 59,8 Millionen Euro waren für das Schulzentrum eingeplant, Risikoreserve inklusive. In der Endabrechnung werden aber voraussichtlich nur 50 Millionen Euro stehen.

Für diese Summe bekommt die Stadt ein helles, funktionales Gebäude mit klaren Strukturen, das eine ganze Reihe von Bedürfnissen abdeckt, über die rein schulischen hinaus: Die Dreifachturnhalle mit maximal 200 Sitzplätzen auf der Tribüne etwa steht auch den Vereinen des Viertels zur Verfügung und hat daher zusätzlich einen separaten Eingang. Und in der Aula mit 282 Plätzen können Theateraufführungen und Versammlungen stattfinden.

Der Entwurf für das Gebäude stammt vom Leipziger Büro Schulz & Schulz Architekten und setzte sich nach Hingerls Worten im Wettbewerb gegen 20 andere durch, weil er auf einem schwierigen Grundstück, von dem nur gut 5000 Quadratmeter überbaut werden durften, eine kompakte und wirtschaftliche Lösung anbot. Dabei schafften es die Architekten auch, den Komplex vom Einkaufszentrum Mira im Süden abzurücken, sodass ein Vorplatz entstand, außerdem den Nachbarn in den Wohnhäusern im Osten keinen fünfgeschossigen Riegel vor die Nase zu setzen, sondern eine abgestufte Schmalseite des Gebäudes, und schließlich Richtung Norden einen Anschluss an die Nordhaide herzustellen.

Wer das große Foyer durch den Haupteingang im Süden betritt, kann durch die gegenüberliegende Fensterfront auf die Wiesen der Nordhaide schauen, eine "Transparenz", die Stadtschulrat Rainer Schweppe beim Rundgang besonders gut gefiel. Der Eindruck von Helligkeit und Weite wird durch die offenen Räume unterstrichen, durch Natursteinböden im Erdgeschoss und helles Ahornholz an den Wänden. Vom Foyer aus gelangt man zu Aula, Turnhalle und Speisesaal. Hier in der Gebäudemitte liegt auch das Haupt-Treppenhaus, das in den oberen Stockwerken auf gegeneinander versetzte Flure führt, die die Trakte erschließen. Von den öffentlich zugänglichen Räumen lässt sich das Treppenhaus mit einem Rolltor abtrennen.

Jede der drei Schulen hat ihren eigenen Bereich, doch die Gebäudetechnik kann auch flexibel reagieren, wenn sich die Schülerzahlen ändern. Das ist durchaus möglich, schließlich seien FOS und BOS ja für Schüler gedacht, die "einen nicht ganz geraden Weg zum Abitur nehmen", sagte die Dritte Bürgermeisterin Christine Strobl (SPD). Also lassen sich im Neubau Wände versetzen, zusätzliche Türöffnungen sind schon angelegt, die Leitungen sind in Hohlraumböden verlegt. Für die Fachakademie für Heilpädagogik, die im vergangenen Schuljahr 45 Schüler in zwei Klassen hatte, sind Räume im Erdgeschoss reserviert. Die BOS mit jüngst 472 Schülern in 20 Klassen kommt im ersten und zweiten Stock unter. Die FOS nutzt Räume vom zweiten bis zum vierten Stock. Sie ist mit 809 Schülern in 30 Klassen die größte Einrichtung.

Nur eines wird nicht fertig sein, wenn die Schule am 15. September beginnt: die Kunst am Bau. Aber bis zum Jahresende soll die Skulptur "Baumschule" des Rotterdamer Künstlerkollektivs Observatorium dann auf dem Vorplatz stehen, ein hochkant gestelltes Klassenzimmer im Originalmaßstab mit einer Graupappel anstelle der Tafel. Das Innere der Schule wird so nach außen gekehrt - ein Symbol für Begegnung und Bildung.

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