München:Freie Plätze kommen unter die Räder

München: In den vergangenen Jahren wurden in München zahlreiche Plätze wie etwa der Harras in Sendling aufgewertet.

In den vergangenen Jahren wurden in München zahlreiche Plätze wie etwa der Harras in Sendling aufgewertet.

(Foto: Stephan Rumpf)
  • Die Stadtgestaltungskommission hat sich in die Debatte um Freiflächen eingemischt.
  • Häufig müssen freie Plätze in der Stadt Straßen oder Parkplätzen weichen.
  • Nun fordert die Stadtgestaltungskommission mutigere Lösungen.

Von Alfred Dürr

Mehr Mut zum "großen Wurf" beim Gestalten von Plätzen in der Stadt und sich nicht gleich vermeintlichen Zwängen speziell der Verkehrspolitik beugen - mit diesem Appell mischt sich die Stadtgestaltungskommission in die Debatte um schönere Freiflächen ein. Die Kommission berät den Stadtrat in strittigen Bau- und Architekturfragen. Demnächst soll im Rathaus entschieden werden, wie vier ausgewählte Projekte aussehen sollen: Der St.-Pauls-Platz an der Theresienwiese, das Areal um die "Museum Lichtspiele" an der Lilien- und der Zeppelinstraße in der Au, das Umfeld der Kirche St. Quirin im alten Ortskern von Aubing und der Willibaldplatz in Laim. Erstmals hat die Stadt hier neue Formen der Bürgerbeteiligung erprobt. Schon in einer frühen Phase, bevor noch die Experten vom Baureferat begonnen hatten zu planen, konnten Anwohner bei den Konzepten für die Plätze mitreden.

Die Projekte sind im Hinblick auf ihre Größe und auf die geplanten Umgestaltungen sehr unterschiedlich. Im Wesentlichen geht es jedoch immer um die Frage, wie sich allzu dominante Verkehrsflächen beseitigen oder verschmälern lassen, wie man mit den Parkplätzen umgeht, wie mehr Bäume gepflanzt werden und wo man für die Passanten Bänke aufstellt, damit die Bürger auf den Plätzen in angenehmer Umgebung verweilen können.

Beim St.-Pauls-Platz haben sich die Bürger zum Beispiel dafür ausgesprochen, die Fläche künftig vom Durchgangsverkehr frei zu halten. Die bestehenden Parkplätze sollen an den nahen Bavariaring verlegt werden - dort sollen sich die Längsparkplätze zu Schrägparkplätzen wandeln. Die Stadtgestaltungskommission begrüßte diese Pläne. Der Bezirksausschussvorsitzende Alexander Miklosy (Rosa Liste) findet den von Autos befreiten Platz "gut und spannend". Allerdings sei es interessant, wie die Bürger reagieren, wenn erst einmal die Baumaschinen auffahren. Hoffentlich entzünde sich dann nicht eine ähnlich schwere Auseinandersetzung wie einst um den verkehrsberuhigten Josephsplatz in der Maxvorstadt, sagte Miklosy.

Beim Vorplatz der "Museum Lichtspiele" und auch in Aubing vor der Kirche St. Quirin gehen die Planer eher vorsichtig zu Werk. Ursprüngliche Visionen von deutlich verschmälerten Straßen oder verkehrsfreien Plätzen wurden abgespeckt. Teilweise hatten die Bürger das auch gefordert. In Aubing hieß es, gerade landwirtschaftliche Fahrzeuge müssten sich auf den Straßen weiterhin bewegen können. Der Willibaldplatz an der Agnes-Bernauer-Straße in Laim ist heute eine Funktionsfläche mit Wendeschleife für die Straßenbahn, mit einer Busspur, Taxiständen und Parkplätzen. Das alles soll sich nun deutlich in Richtung einer attraktiven "Fußgängerzone" mit viel Grün verändern. Allerdings müssen auch hier Parkplätze verschwinden. Die Mehrheit der Bürger sehe diese Notwendigkeit, so das Baureferat.

Die Mitglieder der Stadtgestaltungskommission begrüßten bei einer Sitzung am Dienstag einstimmig die Entwicklungen. Stadtheimatpfleger Gert Goergens sagte, man müsse bei den Platzplanungen den Mut zu "großen Lösungen" haben. Verkehrs- und Straßenplaner sollten nicht diktieren, was im öffentlichen Raum passiert, forderte Architektin Karin Schmid. Auch ihre Kollegen Andreas Meck, Jürg Sulzer, Manfred Kovatsch und der Landschaftsarchitekt Peter Wich argumentierten in diese Richtung. Johann Georg Sandmeier, im Baureferat für die Gestaltung des öffentlichen Raums zuständig, verwies auf den Konkurrenzkampf unter Passanten, Radfahrern, öffentlichem Nahverkehr und den Autos um Flächen. Die Stadt müsse da eine Lösung finden. Stadtbaurätin Elisabeth Merk nahm die Verwaltung in Schutz.

Stadtrat Herbert Danner (Grüne) freute sich über das mutige Votum der Stadtgestaltungskommission zu den Plätzen. Das sei für die Entscheidung im Rathaus wichtig. Der planungspolitische Sprecher der SPD-Fraktion, Christian Amlong, ging auf die Bürgerbeteiligung ein. Man könne nicht immer jedes Einzelinteresse berücksichtigen, forderte er, sonst könne der "große Wurf" nicht gelingen.

In den vergangenen Jahren wurden in München zahlreiche Plätze aufgewertet. Das war auch notwendig. Immer mehr Menschen ziehen in die boomende Stadt. Die Wohnungs- und Verkehrsprobleme sind enorm. Die letzten verfügbaren Grundstücke werden bebaut. Die Gefahren für den sogenannten öffentlichen Raum nehmen zu, die Freiflächen drohen buchstäblich unter die Räder zu geraten. Trotz der bisherigen Aktivitäten herrscht weiter Handlungsbedarf. Der Max-Joseph-Platz vor der Oper, der Goetheplatz oder der Isartorplatz sind prominente Beispiele in der Innenstadt, die zeigen, dass etwas zu tun bleibt.

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