München:Entschärfen und justieren

Stadt verschafft den Radlern an einigen Problemstellen auf die Schnelle mehr Platz, peilt aber auch große Lösungen an

Von Stefan Mühleisen

Für Fahrradfahrer ist die Landeshauptstadt ein gefährliches Pflaster. Zwar weist die aktuelle Statistik des Polizeipräsidiums München einen Rückgang von 1,9 Prozent der Unfälle aus, an denen Radfahrer beteiligt waren. Dennoch kamen 2016 vier Radler zu Tode, 2814 wurden verletzt, 297 davon schwer. Ungezählt ist dagegen die Zahl der heiklen Beinahe-Karambolagen, in welche die radelnden Münchner täglich geraten. Das liegt auch an so einigen Gefahrenstellen, an denen sich Autofahrer, Fußgänger und Radler ins Gehege kommen. Einige der ärgsten werden jetzt entschärft, wie der Stadtrat beschlossen hat. An manchen Stellen wird den Autofahrern dafür eine Fahrspur weggenommen.

Das Kreisverwaltungsreferat (KVR) bemüht sich, jedes Jahr ein paar dieser Problemzonen zu entschärfen. Der turnusmäßige Beschluss ist dabei abgekoppelt vom "Grundsatzbeschluss zur Förderung des Radverkehrs", mit dem sich am 6. Dezember drei Fachausschüsse des Stadtrats in gemeinsamer Sitzung befassen werden. In dem 266 Seiten starken Papier geht es um die Leitlinien für das Radnetz. Einige Bezirksausschüsse haben an dem Papier bereits kritisiert, dass es zu wenig an greifbaren Verbesserungen orientiert sei.

Ausgegliedert sind nun konkrete Maßnahmen, die einerseits Hauptstraßen betreffen, zum anderen den Wegfall von Fahrspuren beinhalten. Eine kritische Stelle ist etwa der Abschnitt der Lindwurmstraße östlich der Sendlinger Kirche. Zu Berufsverkehrszeiten drängen sich dort stündlich bis zu 1300 Autos und jede Menge Radfahrer, wobei letztere wegen des Gefälles stadteinwärts gehörig Tempo aufnehmen. Doch die Radwegführung ist eng und unübersichtlich, "akuter Handlungsbedarf" sei gegeben, so das KVR.

Und der sieht so aus: In dem Abschnitt wird die Rechtsabbiegespur zugunsten eines abmarkierten Radwegs verkürzt. Für die Lindwurm-Unterführung stellt die Behörde gar "unzumutbare Zustände" fest, die aber durch die Baustelle an der Brücke - und die damit verbundene provisorische Verkehrslenkung - eine positive Entwicklung nimmt: Das Bauwerk wurde mit Stützen gesichert, die zuletzt eine Fahrspur belegten - und die soll nun dauerhaft den Radlern zur Verfügung stehen.

Auch in Giesing wird eine gefährliche Stelle sicherer gemacht: Wer auf dem Rad unter der Eisenbahnbrücke an der Werinherstraße hindurch strampelt, braucht gute Nerven, denn der Radweg verschwenkt kurz vorher auf die Straße. Die Deutsche Bahn will das Brückenbauwerk 2022 erneuern, in dessen Zuge die Engstelle aufgeweitet wird. Als Übergangslösung wird aber jetzt schon pro Fahrspur eine Spur abgezwackt, um Radlern eine sichere Passage zu ermöglichen.

Die Stadt nimmt sich auch einige Knotenpunkte zur Brust, um sie für den Radverkehr zu "optimieren", wie es heißt. An der Kreuzung Ackermannstraße/Schleißheimer Straße/Karl-Theodor-Straße werden die Radwege an allen vier Ästen zur Fahrbahn verschwenkt, sodass Autofahrer die neben ihnen in die Pedale Tretenden besser im Blick haben, und auch die Passanten mehr Platz bekommen; dazu fällt die Rechtsabbiegespur von der Ackermannstraße in die Schleißheimer Straße weg.

Für Entspannung dürfte auch ein Lückenschluss am Mittleren Ring in Ramersdorf sorgen: Aus Richtung Südosten endet der Radweg auf der Ottobrunner Straße an der Kreuzung zum Innsbrucker Ring plötzlich in einer Rechtsabbiegespur. Künftig führt er, rot abmarkiert auf der Straße, bis zur Ampel. Übersichtlicher gestaltet wird ferner die Radverkehrsfurt, wo die südliche Ungererstraße auf den Föhringer Ring trifft, und zwar mit einem engeren Abbiege-Radius und der Wegnahme einer Rechtsabbiegespur.

Schwierig bleibt dagegen eine Lösung für die Nymphenburger Straße. Eine Aufhebung der Benutzungspflicht der Radwege wie in der Elsenheimerstraße ist laut Behörde angesichts des Verkehrsaufkommens nicht vertretbar. Und die Problemlagen an den Kreuzungen Stiglmaierplatz, Rotkreuzplatz und an der Landshuter Allee seien ohne größere Eingriffe nicht lösbar. Der Stadtrat folgte daher dem Vorschlag des KVR nach "Kleinmaßnahmen", etwa an abzweigenden Straßen zumindest die Fahrradfurten rot einzufärben oder durch Markierungsänderungen eine Besserung zu erreichen.

Dennoch ist eine Generallösung für diese konfliktreiche Achse mit den überbreiten Fahrstreifen noch nicht vom Tisch: Eine Machbarkeitsstudie soll aufzeigen, was an der Nymphenburger Straße möglich ist.

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