München:Die Lunge der Stadt

Pflanzen reduzieren den Feinstaub, kühlen bei Hitze und dämmen bei Kälte: Die Umweltinitiative Green City verstärkt ihren Einsatz für eine nachhaltige Dach- und Fassadenbegrünung

Von Berthold Neff

Ohne grüne Lungen kann die Stadt nicht atmen. Und gerade jetzt, da der Klimawandel die Temperaturen erhöht, kommt es darauf an, Grünflächen zu erhalten und neu zu schaffen, die als natürliche Klimaanlagen arbeiten. In der Stadt, die im Zuge der Nachverdichtung immer mehr versiegelt wird, kommt es auf jeden Quadratmeter Grünfläche an. Es braucht sehr viel Grün, um die Münchner vor dem Hitzeschock im Sommer zu schützen. Anders als Gebäude, die sich extrem aufheizen können, wirken Grün- und Wasserflächen ausgleichend und lassen über die Verdunstung die Temperatur gerade in heißen, schwülen Nächten spürbar sinken.

Da eine solche Grün-Offensive aber richtig organisiert sein muss, um erfolgreich zu sein, gibt es seit zwei Jahren ein "Begrünungsbüro", das den Münchnern die Vorteile einer guten Dach- und Fassadenbegrünung vor Augen führt und wertvolle Tipps für die Umsetzung solcher Vorhaben gibt. Die Mitarbeiter der Umweltinitiative Green City, unter deren Fittichen das Begrünungsbüro arbeitet, haben vor Kurzem ihre Öffentlichkeitsarbeit verstärkt. Am Montagabend erläuterte die Landschaftsarchitektin Alexandra Schmidt von Green City im Bezirksausschuss (BA) Sendling, welche Vorteile eine Begrünung in der Horizontalen und Vertikalen gerade in einer stark versiegelten Großstadt wie München hat. Besonders in Stadtvierteln ohne große Parks sei es wichtig, durch Grün auf oder an den Häusern die Luftqualität zu erhöhen: Pflanzen reduzieren den Feinstaub, kühlen bei Hitze und dämmen bei Kälte, wirken also temperierend. Und sie nehmen bei Starkregen viel Wasser auf und filtrieren es, was die Kanalisation entlastet.

München: Grün holt Luft: Bewachsene Fassaden regulieren das Stadtklima.

Grün holt Luft: Bewachsene Fassaden regulieren das Stadtklima.

(Foto: Green City)

Alexandra Schmidt weiß, dass der Kampf ums Grün an der kommunalpolitischen Basis wichtig ist. Sie saß von 2008 bis 2015 im BA Ramersdorf-Perlach und war dort Vorsitzende des Unterausschusses Umwelt, Klima, Grünplanung und Gesundheit. Und da viele Bauprojekte oft schon im Bezirksausschuss erörtert werden, bevor die Baupläne fix sind, kann man die Bauherren in dieser Phase noch dafür gewinnen, die Dächer und auch die Fassaden ihrer Neubauten zu begrünen. "Denn Grün", sagt Alexandra Schmidt, "ist nicht nur gut für die Lunge, sondern auch eine Wohltat für das Auge". Es sei nachgewiesen, dass sich die Menschen in Anlagen mit viel Grün wohler fühlen und auch gesünder sind. Grün ist auch eine Wohltat für die Ohren, denn in begrünten Häuserschluchten mindert die Vegetation den Verkehrslärm. Und auch die Fauna profitiert, in den Pflanzen auf und an den Gebäuden fühlen sich viele Insekten wohl, was die Biodiversität erhöht.

Im Sendlinger BA stieß Alexandra Schmidt mit ihrem Plädoyer auf großes Interesse. Auch deshalb, weil sich unter Umständen die Rückwand des Sozialbürgerhauses selbst, in dem der BA tagt, für eine Fassadenbegrünung eignet. Oder aber für ein großes Wandgemälde. Dafür haben zwei Sendlinger Künstler ein Konzept entwickelt. Beide Projekte könnten aber an der Nachverdichtung scheitern - wenn an die Rückwand angebaut wird.

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