München:Bürgerhaushalt kommt frühestens 2018

Geplant ist, dass der Stadtrat in diesem Jahr den Grundsatzbeschluss zum Extra-Budget für die Stadtviertel trifft. Danach braucht es eine Online-Plattform, auf der die Bürger abstimmen können, welche Projekte ihnen wichtig sind

Von Thomas Kronewiter

Was vor nunmehr einer Reihe von Jahren mit der Übertragung zusätzlicher Kompetenzen auf die Bezirksausschüsse und einem eigenen Budget begann, setzt sich nun weiter fort. Mehr direkte Demokratie wagen - so lautet das Thema, das konkrete Schlagwort ist der Bürgerhaushalt. Denn die Anzeichen verdichten sich, dass die Stadt das zusätzliche, von der Basis mitverwaltete Geld für die Stadtbezirke zumindest probeweise einführen will. Die entsprechenden Beschlussvorlagen sollen von Herbst an zunächst den Bezirksausschüssen, danach dem Stadtrat zugeleitet werden.

Anders ist eine Antwort von Stadtkämmerer Ernst Wolowicz (SPD) auf eine Anfrage der Grünen nicht zu verstehen. Als Entscheidungstermin nennt Wolowicz darin den gemeinsamen Verwaltungs- und Personalausschuss sowie den Finanzausschuss Ende 2016. Entscheidet sich der Stadtrat dann für einen stadtteilbezogenen Bürgerhaushalt, könnten die 25 Bezirksausschüsse zwar theoretisch vom Folgejahr 2017 an mit dem entsprechenden Budget ausgestattet werden. Allerdings müssten dann zur Realisierung erst Stellen besetzt werden - ein Prozedere, das die Kämmerei mit etwa einem halben Jahr ansetzt. Daher würde das Projekt erst in der zweiten Jahreshälfte 2017 tatsächlich starten können, erläutert Wolowicz.

Außerdem aber braucht es eine Online-Plattform. Die zu schaffen, setze ein vergaberechtliches Verfahren voraus. Zeitlicher Bedarf dafür: rund neun Monate, plus die nötige Zeit für die Anpassungen dieser Plattform. Da der Bürgerhaushalt idealerweise einmal jährlich zu Jahresbeginn angeschoben werden soll, hält der Kämmerer sogar einen Start im Januar 2018 für unwahrscheinlich.

Aus den Reihen der Bezirksausschüsse kamen im Hinblick auf die Einführung eines Bürgerhaushalts ganz unterschiedliche Reaktionen. Sieben Bürgergremien stimmten zu oder machten allenfalls geringe Änderungsvorschläge. Elf Bezirksausschüsse stimmten zwar ebenfalls grundsätzlich zu, verbanden dies allerdings mit umfangreichen Änderungsvorschlägen oder gar Bedingungen. Regelrecht abgelehnt wurde das Projekt lediglich in sieben Lokalgremien.

Vom Bürgerhaushalt verspricht man sich mehr Partizipation und dadurch eine Stärkung des Bürgerinteresses an Politik. Bürger könnten mit Hilfe eines Online-Tools mitbestimmen, welche Vorhaben im Viertel oberste Priorität haben - sei es die Sanierung einer Straße, einer Schule oder die Förderung eines besonders aktiven und bedeutsamen Vereins.

Die Grundzüge des stadtteilbezogenen Bürgerhaushalts hatte Kämmerer Ernst Wolowicz bereits im Frühjahr vergangenen Jahres vorgestellt. Wie sich rasch herauskristallisierte, reichte sein Vorschlag, den Bezirksausschüssen in einem zusätzlichen Budget zwei Euro pro Bewohner bereitzustellen, vielen Bürgervertretern nicht. Die Forderungen der Basis reichten bis zu zehn Euro pro Bewohner. Ob sich Wolowicz bei der Summe pro Bewohner im Laufe der vergangenen Monate - etwa aufgrund von Argumenten der Stadtteilvertreter - hat erweichen lassen, bleibt noch sein Geheimnis. Details verrät er in der Antwort an die Grünen nicht.

Nur an der Tatsache, dass ein Bürgerhaushalt kommt, wenn es auch der Stadtrat Ende 2016 absegnet, braucht wohl nicht mehr länger gezweifelt werden. Ansonsten hätte sich Kämmerer Ernst Wolowicz die detaillierten Auskünfte zu den Abläufen der kommenden Monate ja durchaus sparen können.

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