Mordprozess:Mit Krücken zu Tode geprügelt

Ein 32-Jähriger steht wegen Mordes an seiner Ehefrau vor Gericht. Das Motiv: Wut, weil er zu spät geweckt wurde.

Varinia Bernau

Das Geständnis kommt zögerlich. Langsam, in einzelnen Worten, tropft es aus ihm heraus wie eine zähe Flüssigkeit. "Streiten" und "schlagen" sagt er, als ihn der Richter nach den Ereignissen jenes Frühsommertages im vergangenen Jahr befragt. Und dann formt er doch noch einen Satz: "Es tut mir leid."

Mordprozess: Vor dem Landgericht München begann der Prozess gegen den 32-Jährigen.

Vor dem Landgericht München begann der Prozess gegen den 32-Jährigen.

(Foto: Foto: dpa)

Hasan T. steht wegen Mordes vor dem Münchner Landgericht. Mehrfach soll der heute 32-Jährige seine Frau geschlagen haben. So heftig hat er einmal mit einer hölzernen Kleiderstange auf sie eingedroschen, dass diese zerbrach.

Auch brühendes Wasser soll er der damals 24-Jährigen in einem Wutanfall über den Arm geschüttet haben. Und schließlich, am 1. Juni 2008, gab es diesen Streit mit tödlichem Ende: Er sei wütend gewesen, weil seine Frau ihn zu spät geweckt habe, hat Hasan T. zu Protokoll gegeben. Zu spät, um seine Tabletten einzunehmen. Da hat er die Kontrolle verloren und mit einer Krücke aus Aluminium auf seine Frau eingeschlagen. Auf den Kopf, auf Schulter und Arme.

Als sie sich ins Nebenzimmer flüchtete, setzte er ihr nach. Nachdem eine Krücke kaputt gegangen war, griff er sich die andere und prügelte weiter. Erst als die Frau das Bewusstsein verlor, so steht es in der Anklageschrift, ließ er von ihr ab.

Nach und nach bestätigt Hasan T. die Vorwürfe. Doch mitunter tragen seine Schilderungen eher zur Verwirrung bei statt zur Aufklärung. Hakt der Richter nach, verliert sich der Angeklagte in Widersprüchen. Da ist zum Beispiel diese Quittung von der Tankstelle: Seine Frau habe sich schlecht gefühlt, so rekonstruiert Hasan T. jenen Moment, in dem er nach all den Schlägen von ihr abließ.

Sie habe zu ihm gesagt, er solle sich den Sohn nehmen und gehen. Also sei er eben gegangen. Zur Tankstelle, nur wenige Minuten zu Fuß entfernt, um Zigaretten und Schokolade zu kaufen. Auf der Quittung steht eine Uhrzeit: 7.09 Uhr. Und diese Uhrzeit passt nicht zu der Geschichte, die Hasan T. zu Protokoll gegeben hat und die er auch jetzt vor Gericht erzählt - selbst dann noch, als der Richter ihn auf die Widersprüche hinweist.

Und so bleibt unklar, warum drei Stunden vergingen, ehe er die Feuerwehr anrief. Unklar bleibt auch, warum er derart in Rage geriet, obwohl er doch seine Tabletten immer erst um 8 Uhr einnehmen sollte. Klar ist nur, dass der Notarzt, den Hasan T. alarmierte, nur noch den Tod der Frau feststellen konnte: Sie hatte viel Blut verloren, war bewusstlos geworden und schließlich an ihrem Erbrochenem erstickt.

Ab und an tippelt Hasan T. nervös mit dem linken Fuß; manchmal stützt er seinen Kopf auf, spreizt die Hand vor die müden Augen und massiert mit Daumen und Zeigefinger die Schläfen. Er spricht über seine erste Ehe, die geschieden wurde - auch, weil er seine damalige Frau schlug. Und er spricht darüber, wie er Konflikte mit der Mutter, der Schwester, dem Bruder manchmal ebenso mit den Fäusten austrug.

Er wünsche, er könne die Zeit zurückdrehen, stammelt Hasan T. schließlich. Nun habe er alles verloren. Doch der Richter gibt sich streng: Und was, fragt er spitz, habe wohl seine Frau verloren.

In solchen Momenten zieht die Verteidigerin die Augenbrauen hoch. Sie ist unzufrieden, weil die Dinge nicht so laufen, wie sie sie mit ihrem Mandanten abgesprochen hat. Folgt das Gericht der Mordanklage, wird es Hasan T. zu einer lebenslangen Haft verurteilen.

Die Verteidigerin hofft hingegen, nachweisen zu können, dass der Angeklagte nicht vorsätzlich gehandelt hat. Dann könnte sie eine zeitlich begrenzte Haftstrafe für ihn erreichen. Denn Hasan T. hat einen Hirntumor. Ihm blieben, sagt die Anwältin, noch sieben, vielleicht auch nur fünf Jahre - und die solle er in einer Klinik, nicht im Gefängnis verbringen. Doch ob sich Hasan T. tatsächlich nicht über die tödlichen Folgen seiner Schläge bewusst war, das wird erst ein psychiatrischer Gutachter klären können, der am Mittwoch aussagt. Das Urteil wird für Donnerstag erwartet.

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