Prozess:Erst zugestochen, dann erdrosselt

  • Ein 51-jähriger Altenpflegehelfer steht vor Gericht, weil er eine 91-Jährige getötet haben soll. Er soll zugestochen und sie dann erdrosselt haben.
  • Marc K. muss sich seit Dienstag wegen heimtückischen Mordes aus Habgier vor dem Schwurgericht verantworten.
  • Er bestreitet die Tat.

Von Christian Rost

Zweimal stach der Täter mit einem Messer Anna S. in den Hals. Die 91-Jährige ging zu Boden im Schlafzimmer ihrer Wohnung in der Dollmannstraße in der Au. Weil sie trotz ihrer Verletzungen noch handlungsfähig war, wickelte der Täter einen braunen Stoffgürtel um den Hals der Seniorin und erdrosselte sie. Die Staatsanwaltschaft am Landgericht München I geht davon aus, dass ein 51-jähriger Altenpflegehelfer die ehemalige Schneiderin umgebracht hat, weil sie ihn beim Stehlen in ihrer Wohnung erwischt hat. Marc K. muss sich seit Dienstag wegen heimtückischen Mordes aus Habgier vor dem Schwurgericht verantworten. Er bestreitet die Tat.

Marc K. kennt sich aus vor Gericht, routiniert beantwortet der frühere Amateur-Boxer, dem seine langjährige Kokain- und Heroinsucht nicht auf den ersten Blick anzusehen ist, auf die Fragen des Vorsitzenden Richters Michael Höhne. "Richtig", bestätigt der aus sehr einfachen Verhältnissen stammende Angeklagte stoisch die Angaben seines Lebenslaufs, der neben einer Vielzahl von Gelegenheitsjobs vom Tankwart bis zum Friseur und Frauenbekanntschaften eine ganze Latte an Vorstrafen aufweist. 32 sind es insgesamt.

Eine lange Liste an Vorwürfen

Zuletzt hielt sich der Berufskriminelle, der schon mehrfach im Gefängnis saß - einmal fünfeinhalb Jahre wegen Raubes - mit Trickdiebstählen bei Senioren über Wasser. Neben dem Mord in der Au an Anna S. am 21. Juli 2014 listet die Anklage ebensolche Taten auf, die K. über seinen Verteidiger Walter Lechner auch einräumt. So verschaffte er sich fünf Tage vor dem Mord als falscher Putzmann Zutritt zur Wohnung einer 85-Jährigen und stahl ihr Schmuck im Wert von 50 Euro.

Am selben Tag suchte er auch einen 78-jährigen beinamputierten Mann in dessen Wohnung auf und entwendete bei dem ehemaligen Juwelier sechs Halsketten im Wert von 240 Euro. Marc K. gestand außerdem, am 6. Juni 2014 als Kassier bei einer Allguth-Tankstelle 1000 Euro gestohlen zu haben. Mit dem Tod von Anna S. will er aber nichts zu tun haben.

Gleichwohl kannte er die verwitwete Frau, die kinderlos war und alleine in ihrer Wohnung lebte. Ein Pflegedienst kam regelmäßig bei ihr vorbei. Auch K. hatte als Pflegehelfer gearbeitet und vor Jahren auch Anna S. versorgt. Laut Anklage stand sie auf seiner Liste für einen möglichen Trickdiebstahl. Deshalb soll er um die Mittagszeit bei der als vertrauensselig geltenden Frau geklingelt haben und von ihr eingelassen worden sein. Unauffällig habe er dann die Wohnung nach Stehlbarem durchsucht und sei dabei von der Seniorin ertappt worden.

Wie Marc K. gefasst wurde

Laut Staatsanwaltschaft befürchtete er eine Anzeige, weshalb er beschlossen habe, Anna S. "um jeden Preis zu töten". Zweimal habe er mit einem mitgebrachten Messer zugestochen. Die Tatwaffe mit zwei Zentimeter breiter Klinge wurde nie gefunden. Schließlich habe er die Frau mit dem Stoffgürtel erdrosselt, ehe er aus der Wohnung flüchtete. Der Gürtel war noch um den Hals des Opfers geschlungen, als es am nächsten Tag vom Mitarbeiter eines Pflegedienstes gefunden wurde.

Die Mordkommission konnte DNA-Spuren von Marc K. am Tatort sicherstellen. Ein Abgleich mit den Daten im Polizeicomputer ergab den Treffer. K. wurde in der Wohnung seiner damaligen Freundin im Münchner Osten von einem Sondereinsatzkommando festgenommen. Sein Anwalt sagte, die DNA-Spuren könnten auch von früheren Besuchen K.s bei der Seniorin stammen, sie stellten keinen eindeutigen Beweis dar. Allerdings war zur Tatzeit das Handy des Angeklagten in Tatortnähe eingeloggt, und ein richtiges Alibi konnte er auch nicht vorweisen. Für den Prozess sind bis Ende Oktober noch neun Verhandlungstage angesetzt.

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