Mord-Prozess:Neffe hatte Hausverbot bei Böhringer

Im Mordprozess berichtet ein Zeuge von Streitereien zwischen dem Angeklagten und dem Opfer.

Alexander Krug

Der wegen Mordes an Charlotte Böhringer angeklagte Benedikt T., 32, hatte etwa zwei Wochen vor der Tat einen heftigen Streit mit seiner Tante. ,,Er sagte irgendwann, ,Leck mich am Arsch' und ist gegangen. Es war ein einziges Geschrei'', berichtete am Mittwoch ein Zeuge im Prozess im Schwurgericht.

Benedikt T. habe danach Hausverbot bekommen. Böhringer habe öfters ,,abfällig'' über den Angeklagten geredet und ihn als ,,reine Aushilfskraft'' tituliert.

Der Zeuge Christopher W., 36, war Ende 2005 als stellvertretender Geschäftsführer von Böhringer angestellt worden. Offenbar wollte ihn die vermögende Parkhaus-Millionärin später einmal zum Geschäftsführer machen, da sie allen anderen nicht mehr vertraute oder sie für unfähig hielt. ,,Sie hat jemanden gesucht, dem sie vertrauen kann.

Sie war sehr misstrauisch'', sagte der Zeuge. Böhringer habe mitunter ,,cholerisch'' reagiert und dann ,,sehr laut'' werden können: ,,Es kam auf ihre Tagesform an. Manchmal hat sie herumgeschrien und Unterlagen durcheinandergewirbelt.''

Besonders unzufrieden sei sie mit den bei ihr angestellten Neffen Benedikt und Mate gewesen. Deren ,,Bildungsverlauf'' habe sie sehr gestört. Der Angeklagte gab sich offenbar nach außen als erfolgreicher Jura-Student.

Dem Zeugen erzählte er, das 1. Staatsexamen absolviert und Angebote aus einer Wirtschaftskanzlei zu haben. Tatsächlich soll er den Ermittlungen zufolge die zulässige Studiendauer überschritten und sich gar nicht mehr zur Prüfung angemeldet haben.

Nach dem Streit mit Böhringer habe er den Angeklagten erst an dem Tag wieder gesehen, als deren Leiche entdeckt wurde (16. Mai 2006), so Christopher W. An diesem Tag habe er einen Anruf vom Mate T. bekommen, dass Böhringer nicht wie üblich ins Büro gekommen sei. W. hatte als einziger einen Schlüssel zum Büro, wo wiederum der Schlüssel zur Privatwohnung von Böhringer verwahrt wurde.

Gemeinsam fuhren der Zeuge und der Angeklagte dann mit dem Lift in den 4. Stock. ,,Genau hinter der Tür lag Frau Böhringer in einer riesigen Blutlache'', so Christopher W., Benedikt T. habe ihren Puls gefühlt und gesagt, sie lebt nicht mehr: ,,Er hat geweint und die Hände vors Gesicht geschlagen.''

Der Angeklagte hüllt sich nach wie vor in Schweigen. Bei früheren Vernehmungen hatte er erklärt, dass er sich nach dem Streit mit seiner Tante ausgesprochen habe und deswegen am jenem 16. Mai auch wieder zur Arbeit erschienen sei.

In seinem Geldbeutel fand sich später ein Schlüssel für das Büro. Die Ermittler hatten gefragt, warum er diesen nicht benutzt, sondern Christopher W. zur Hilfe gerufen habe. Die Erklärung des Angeklagten lautete, er habe den Schlüssel schlicht vergessen.

Spurenermittler haben in der Wohnung Böhringers festgestellt, dass jemand (vermutlich der Täter) Handschuhe getragen haben muss. Im Bürozimmer fand sich ein (zugeklebtes) Kuvert mit drei verschiedenen Testaments-Versionen.

Sowohl außen wie auch innen auf einem Blatt wurden DNS-Spuren des Angeklagten gefunden. Auch dafür hatte Benedikt T. bei früheren Vernehmungen eine Erklärung: Erstens habe er sich ständig in der Wohnung aufgehalten und zweitens habe er oft Büromaterial - also auch Papierblätter - für seine Tante besorgt.

Der Prozess wird erst am 13. Juni fortgesetzt.

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