Moosach:Schnipseln und schrauben

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Moritz benutzt eine Lederstanze, um ein Stück Leder zu lochen. Anschließend kann er in das Loch eine Öse einfügen und daraus einen Schlüsselanhänger oder ein Armband fertigen. (Foto: Robert Haas)

Schüler der Samuel-Heinicke-Realschule testen ihr Technik-Talent

Von Theo Harzer, Moosach

René sitzt im Werkraum der Samuel-Heinicke-Realschule in Moosach und brennt seinen Namen mit einem Lötkolben in ein Stück Holz. Abdüssamet löst ein paar Tische weiter ein Quiz über verschiedene Werkstattgeräte. Beide gehen in die neunte Klasse und wollen nach der Mittleren Reife auf die Fachoberschule (FOS), um anschließend Architekt, Hotelmanager oder Informatiker zu werden. "Zwei Drittel unserer Schüler besuchen später die FOS, nur ein Drittel entscheidet sich für eine Ausbildung", sagt Wolfgang Lindner, Wirtschaftslehrer an der Moosacher Realschule. Um seine Schützlinge auch für Ausbildungsberufe zu sensibilisieren, organisiert er jährlich die Technik-Rallye, bei der die Schüler praktische Tätigkeiten ausprobieren können.

Die Schüler an der Samuel-Heinicke-Schule sind großteils gehörgeschädigt oder sogar taub. "Dadurch ist die Auswahl an Berufen natürlich beschränkt", sagt Lindner. "Deshalb ist es umso wichtiger, möglichst viele Angebote zur Berufsorientierung bereitzustellen." Ein Job am Telefon komme selbstverständlich nicht in Frage. "Vielleicht merkt der eine oder andere bei der Rallye, dass er ein besonderes praktisches Talent hat. Gerade Frauen sind in technischen Berufen gefragt", erklärt Lindner. Die Technik-Rallye findet seit 2003 jährlich an circa 20 Schulen statt. Sie wird vom Bildungswerk der bayerischen Wirtschaft ausgerichtet. Dafür touren Michael Stoß und Martin Hilldebrand mit Werkzeug und Material durch den Freistaat: "Die Schüler können sich im Laubsägen versuchen, Rohre abschneiden oder einen Dynamo mit einer Lampe verknüpfen und so herausfinden, ob ihnen zum Beispiel der Beruf des Installateurs oder Elektrikers gefällt", sagt Hilldebrand.

Auch Lukas geht in die neunte Klasse. Die Technik-Rallye macht ihm Spaß, aber seinen Traumberuf hat er schon davor gefunden: Mechatroniker. Da sein Vater Kfz-Mechaniker ist, kennt sich Lukas schon jetzt gut aus, weiß genau, was etwa ein Messschieber und eine Lüsterklemme sind. "Es ist schon cool, hier noch mal alles ausprobieren zu können. Das ist auch eine gute Abwechslung zur Schule", sagt er. Zusätzlich stellt das Arbeitsamt Jobs vor, und es gibt Bewerbungstraining. Die Anweisungen von Michael Stoß und Martin Hilldebrand verstehen die Schüler trotz Gehörschädigung und Dialekt aber einwandfrei. Und schnipseln, schrauben, löten und hämmern begeistert drauf los.

© SZ vom 22.09.2017 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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