Moosach:Noch Luft nach oben

Moosach: Unfallträchtig: 2010 war ein doppelstöckiger Reisebus mit 57 Schülern und sechs Lehrern in der Eisenbahnunterführung an der Dachauer Straße verunglückt.

Unfallträchtig: 2010 war ein doppelstöckiger Reisebus mit 57 Schülern und sechs Lehrern in der Eisenbahnunterführung an der Dachauer Straße verunglückt.

(Foto: Alessandra Schellnegger)

Seit März soll eine elektronische Höhenkontrolle die unfallträchtige Eisenbahnunterführung an der Dachauer Straße sicherer machen. Das klappt bislang nur bedingt, wie die Moosacher Polizei berichtet

Von Anita Naujokat, Moosach

Viel haben sich Bürger, Rathaus- und Lokalpolitiker von der elektronischen Höhenkontrolle versprochen, die mit Verzögerung seit Ende März die unfallträchtige Eisenbahnunterführung an der Dachauer Straße technisch sicherer machen soll. Immer wieder war es dort trotz bereits bestehender Hinweisschilder, Markierungen und Warnleuchten zu schweren Unfällen gekommen, weil Fahrer die Durchfahrtshöhe von 3,40 Metern übersehen oder missachtet hatten.

Im Jahr 2010 war ein doppelstöckiger Reisebus mit 57 Schülern und sechs Lehrern an der Stelle verunglückt, 13 Schüler wurden verletzt. Ein Jahr später blieb ein mit Containern beladener Lkw in der Röhre stecken. 2012 fuhr sich ein Lkw in der Unterführung fest. 2013 rammte ein vier Meter hoher Doppeldeckerbus mit 55 Passagieren, die meisten davon Jugendliche, die Unterführung und wurde eingeklemmt. 40 Menschen wurden verletzt. Im Sommer 2014 beschädigte ein fast vier Meter hoher Betonmischer die Röhre so schwer, dass sie tagelang für den Autoverkehr gesperrt war und es auch zu massiven Behinderungen im Zugverkehr auf der wichtigen Strecke der S 1 sowie im Regional- und Fernverkehr nach Landshut und Regensburg kam. Zudem verzeichnete die Polizei dort jedes Jahr jede Menge Kleinunfälle. Die Folgen sind stets Umwege und Staus auf der für viele Pendler wichtigen Nord-Süd-Verbindung. Die hochfrequentierte Durchgangsstraße verengt sich an dieser Stelle auf nur eine Fahrspur stadtauswärts.

Seit März ist an beiden Tunneleinfahrten technisch nachgebessert worden: Schilderbrücken mit installierten Warn- und Blinkleuchten sollen Fahrer von zu hohen Fahrzeugen, die über Lichtschranken und im Boden eingelassene Induktionsschleifen erkannt werden, zum Stoppen vor der Durchfahrt veranlassen. Zugleich wird die entgegengesetzte Fahrtrichtung automatisch gesperrt, um dem Fahrer Platz zum Wenden zu geben.

Schlimme Unfälle hat es seit dem Vorfall im Sommer 2014 nach Angaben der zuständigen Polizeiinspektion in Moosach zwar nicht gegeben, doch von Entwarnung kann keine Rede sein. Für Sven Weske, Leiter der Verkehrsabteilung der Moosacher Polizeiinspektion, und seinen Kollegen Peter Ledutke, ebenfalls vom Sachgebiet Verkehr, hat sich "rein gefühlsmäßig" nach dem Einbau der elektronischen Höhenkontrolle nicht viel verändert. Tatsächlich hat die Polizei seit Inbetriebnahme der elektronischen Höhenkontrolle sechs Unfälle verzeichnet, alle ausgelöst von einer Missachtung des Höhenverhältnisses. Das ist immerhin fast jeden Monat einer. Die Gründe sich vielfältig: Häufig befänden sich in Lastwagen keine Lkw-, sondern Pkw-Navis, die nichts über die Höhe aussagten, sagt Weske. Manch ein Fahrer habe nicht mehr daran gedacht, dass er mit einem größeren Fahrzeug unterwegs sei, andere seien einfach unaufmerksam gewesen. "Wir sind schon angerufen worden, dass die Höhenkontrolle ausgelöst worden sei, als wir hinkamen, war das Fahrzeug bereits weg. Es gibt aber auch Fälle, bei denen wir die Fahrer beim Wenden unterstützen müssen."

Laut Auskunft aus dem Baureferat wird die elektronische Höhenkontrolle im Schnitt etwa acht Mal pro Tag ausgelöst. Dabei handle es sich aber nicht immer um überhöhte Fahrzeuge, die durch den Tunnel wollten, es gibt auch Fehlalarme. Die Höhenkontrolle schlage zum Beispiel auch an und setze sich nach 15 Sekunden wieder zurück, wenn ein Lkw oder Bus im Bereich der Lichtschranke im Stau stehe und langsam vorrücke. Auch Fahrer, die trotz der Höhe ihres Fahrzeugs verbotswidrig passierten, im Wissen, dass sie noch knapp durchpassten, lösten sie aus. Das deckt sich mit Weskes Vermutung, dass "eine hohe Anzahl" Ortskundiger den Spielraum zwischen der Obergrenze von 3,40 Metern und der tatsächlichen Tunnelhöhe von 3,70 Metern voll ausreize.

Für umso bedauerlicher hält es Weske, dass die seit Mitte Oktober verschärften Bußgelder - anders als zunächst gedacht - an der Dachauer Unterführung nicht greifen. Sie sehen bei Nichtbeachtung bestimmter Verkehrszeichen unter strikt vorgeschriebenen Voraussetzungen bis zu 500 Euro Strafe und zwei Monate Fahrverbot vor. Doch die an der Unterführung oben angebrachten Warnbaken fielen nicht unter besagte Voraussetzung, obwohl diese der für das erhöhte Bußgeld notwendigen Absperrschranke zum Verwechseln ähnlich sehen, sagt Weske. Als permanente Verkehrseinrichtung an einer Brücke sind sie davon ausgenommen. An der Dachauer Straße bleibt es also bei 20 Euro Bußgeld, und wer bei Auslösung der Höhenkontrolle trotz Rotlicht weiterfährt, muss 90 Euro zahlen und bekommt einen Punkt. Sofern er erwischt wird, denn Kameraaufzeichnungen gibt es dort nicht.

Weske ist davon überzeugt, dass eine höhere Strafe so manchen Berufsfahrer trotz eines Umwegs zum Umdenken hätte bewegen können. Für das Hinausloten beim Wenden verlangt die Polizei im Übrigen nichts. "Jeder Lkw, der nicht in die Unterführung kracht, ist ein guter Lkw."

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