Moosach:Erzählungen aus der Karlingerstraße

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Ein Team des Nachbarschaftstreffs sammelt Geschichten vom Alltag der Mieter - einst und heute

Von Anita Naujokat, Moosach

Im Leben der Menschen aus der GWG-Siedlung zwischen Gube-, Bauberger- und Karl-Lipp-Straße steckt so viel drin, das nicht in Geschichtsbüchern zu finden ist. Um diese Erinnerungen und Erlebnisse zu bewahren, hat Johanna Donner, die seit Februar die beiden Moosacher Nachbarschaftstreffs an der Untermenzinger Straße und der Karlingerstraße leitet, ein Projekt angestoßen. Unter dem Titel "Mein Moosach - Erzählungen aus der Karlingerstraße" wollen sie und ihre Mitstreiter Geschichten aus dem Leben der rund 1200 Mieter sammeln, die bei einem "Theaterspaziergang" durchs Viertel im Frühjahr erzählt werden sollen.

Zu Beginn ihrer neuen Tätigkeit hat sich Johanna Donner viel Zeit genommen, um mit den Menschen im Treff an der Karlingerstraße 30 a ins Gespräch zu kommen. "Das war total spannend zu hören, wie es damals war, als sie kurz nach dem Krieg hier eingezogen sind und in der Wohnung nichts außer einem Holzofen von Wamsler hatten. Oder wie es hier ausgesehen haben muss, als es noch kaum Autos gab. Und auch die Geschichten von den Familien, die aus dem ehemaligen Jugoslawien hergezogen sind und als Arbeiter bei Meiller-Kipper am Aufbau der Münchner U-Bahn beteiligt waren. Oder was Leute hier in ehemaligen Partykellern erlebt haben oder im Milchladen, der früher hier im Haus war", berichtet Johanna Donner. Dabei gehe es auch um Orte, die man heute so nicht mehr kennt oder mit anderen Augen sieht.

Kleine Paradiese: Ihre ganz persönlichen Ecken haben sich manche Bewohner der GWG-Siedlung im Karree zwischen Gubestraße und Karl-Lipp-Straße geschaffen. (Foto: AG Buhlstraße/oh)

Zu der Idee beigetragen hat auch die Tatsache, dass die Siedlung in ihrer heutigen Form bald Geschichte sein wird. Die städtische Wohnbaugesellschaft GWG plant, sie im Zeitraum von 2020 bis 2030 Zug um Zug abzureißen und neu zu errichten. Die meisten Gebäude sind inzwischen mehr als 70 Jahre alt. Laut Johanna Salzhuber (SPD), Vorsitzende des Moosacher Bezirksausschusses, gehören sie zu den ersten Wohnblocks überhaupt, die im Stadtbezirk entstanden sind.

Die jetzt geplante Aktion baut auf einem ähnlichen Projekt auf, das es schon vor zwei Jahren in Giesing gegeben hat. An ihm war die Theaterpädagogin Anette Weber beteiligt, die Johanna Donner nun auch als künstlerische Leitung für "Mein Moosach - Erzählungen aus der Karlingerstraße" gewinnen konnte. Unterstützt wird es auch von der gebürtigen Moosacherin Stephanie Salzhuber, die nicht nur Ethnologin und Mitglied des Moosacher Geschichtsvereins ist, sondern auch ehrenamtlich in einer Spielgruppe des Nachbarschaftstreffs engagiert ist. "Ich lerne durch das Projekt meinen Stadtteil noch mal ganz neu kennen, und die vielen kleinen Geschichten der Menschen zeigen, wie vielfältig doch die Lebensweisen in München sind - heute wie damals", sagt sie.

Gefragt sind nicht nur Geschichten von früher, sondern auch heutige persönliche Erlebnisse und Kurzgeschichten aus dem alltäglichen Leben, über Lieblingsorte, bekannte und unbekanntere Ecken, den Wandel im Viertel und Visionen für die Zukunft. An zwei Informationsabenden im November stellen die Organisatoren ihre Idee vor: am Montag, 13. November, 19 Uhr, und am Donnerstag, 23. November, 18 Uhr, jeweils im Treff an der Karlingerstraße 30 a. Eine Anmeldung ist nicht erforderlich. Kontakt mit der Projektleitung kann unter der Telefonnummer 45 20 74 68 oder online unter www.nachbarschaftstreff-moosach.de aufgenommen werden.

Partner des Projekts ist das Kultur- und Bürgerhaus Pelkovenschlössl, finanziell unterstützt wird es vom Kulturreferat und dem Sozialreferat der Landeshauptstadt München sowie dem lokalen Bezirksausschuss.

© SZ vom 09.11.2017 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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