Modetrends:Showroom-Zeit an der Isar

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Bei der PR-Veranstaltung Munich Press Open buhlen Modemacher um Aufmerksamkeit. Was die Trends 2017 sind, darüber ist sich die Fachpresse aber nicht wirklich einig

Von Franziska Gerlach

Breaking News: Surferklamotten können jetzt auch feminin sein, zumindest solche, die aus Brasilien kommen. Die Journalistin Mira Bode befühlt einen Ärmel, inspiziert den körperbetonten Schnitt, entdeckt den Preis: "140 Euro, das geht ja." In der Hand hält sie die erste Tüte des Tages. Die Presseinformationen und Fotosammlungen darin, sogenannte lookbooks, sollen sie an die Kollektionen erinnern, die sie an einem diesigen Dienstag in der PR-Agentur Le Bureau an der Müllerstraße gesehen hat. Erinnert sich Bode an das brasilianische Teil, wenn sie in einigen Monaten in ihrer Hamburger Redaktion eine Strecke zur Bademode plant, könnte dann wiederum eine Münchnerin darauf aufmerksam werden. Wenn sie denn das Mode- und Starmagazin In liest.

Es ist ein: Fummel. Die Journalistinnen Lilli Echt (links) und Mira Bode lassen sich von Sonja Ragaller (rechts) die Kollektion erklären. (Foto: Florian Peljak)

Es ist Showroom-Zeit an der Isar, wie immer im Oktober, wenn die großen Schauen vorbei sind. Moderedakteure und Stylisten sichten dann die Kollektionen für die nächste Saison. Doch auch wenn heute viel digitaler gearbeitet wird: Einfach nur Bilder zu verschicken, das würde nicht funktionieren, das ist von beiden Seiten zu hören. Im persönlichen Kontakt lasse sich die Geschichte einer Marke einfach viel besser erzählen. "Und gerade Mode ist eine haptische Sache, das will man anfassen, live sehen", sagt Yvonn May, die gerne festhält am altbewährten Konzept des Showrooms. Sie ist die Inhaberin von Sweet Communication, eine von sechs Agenturen, die jetzt gemeinsam in den jeweils eigenen Räumen die PR-Veranstaltung Munich Press Open organisiert haben.

Auf der Suche nach Trends werden die Modejournalistinnen zu den einzelnen Agenturen durchs Glockenbachviertel mit dem Shuttle befördert. (Foto: Florian Peljak)

Die Präsentation der neuen Kollektionen und Produkte im Verbund ergibt Sinn, und freilich ist das nicht die einzige Münchner Kooperation dieser Art. So kann nicht nur mehr Neuware gezeigt werden, es werden auch mehr Medien erreicht, denn gerade für Redakteure aus anderen Städten lohnt sich dann der Weg nach München, wo es wegen der Nähe zu Zeitschriftenverlagen wie Burda oder Condé Nast viele Agenturen gibt. "Eigentlich könnte einer von uns den ganzen Oktober in München sein", sagt Lilli Echt, Modeassistentin beim Magazin Grazia in Hamburg. Die junge Frau mit dem cognacfarbenen Rock und den großen, goldenen Ohrringen federt die Treppen hoch, zur nächsten Station der Munich Press Open. Fünf der sechs teilnehmenden Agenturen sitzen im Glockenbachviertel. Damit sich die eigens aus Hamburg eingeflogenen Modefrauen aber nicht verirren, werden sie mit einem Shuttle dorthin gebracht. Ein Anruf genügt, und ein Chauffeur fährt einen schwarzen Van fährt vor.

Auch die Suche nach Taschen-Trends kommt nicht zu kurz. (Foto: Florian Peljak)

Ganz schön praktisch, finden sie, und kein Vergleich zu Berlin vor zwei Wochen, wo man die Showrooms, Labels und Agenturen zu Fuß, mit dem Fahrrad oder den öffentlichen Verkehrsmitteln habe abklappern müssen, im Tross mit einer unübersichtlichen Zahl an Bloggern. "Viel stressiger war das", sagt Bode. Das kann man von München nun nicht gerade behaupten, auch wenn in den Agenturen ein reges Kommen und Gehen herrscht. Zwei Frauen fallen sich um den Hals. Alte Kolleginnen, die sich offenbar eine Weile nicht gesehen haben. Überhaupt sind alle wahnsinnig nett zueinander, denn schließlich geht es bei Pressetagen immer auch darum, die Presse ein wenig zu verwöhnen. Mit Kanapees, bunten Süßigkeiten und einer noch bunteren Goodie Bag zum Beispiel. Bei PR Ragaller entzückt vor allem ein Babyhöschen. "Süß", sagt Bode und wirft dann noch schnell einen Blick auf Dirndl und Trachtenjacken. Thema? "Zum Oktoberfest", sagt die Hamburgerin. Sonst nicht.

Überhaupt ist unterschiedliches zu hören, wenn um das Modejahr 2017 geht. Pailletten-Stickereien und abgeschnittene Hosen bleiben, glaubt die eine. Für Lilli Echt wird der Sommer sehr viel bunter, mit ethnischen und afrikanischen Einflüssen. Sie sitzt jetzt bei Publicity Rooms mit Modeleuten aus München und Hamburg an einer Bierbank und zieht ein Stück Apfelstrudel durch Vanillesoße. Natürlich sind die Zeiten noch nicht vorbei, in denen ein einsamer Jeansrock per Kurierdienst ins Fotostudio gefahren wurde, weil diese oder jene Zeitschriftenredaktion ihn dringend benötigte. Der Zeitdruck habe aber schon zugenommen, sagen die Frauen, aus Kostengründen gebe es auch weniger Shootings. Und verreise man mal, würden gleich mehrere Bildstrecken produziert. Schon ist sie im Gange, die Diskussion über die guten alten Zeiten, als man noch in der Business Class nach Miami flog, dort in einem Vier-Sterne-Hotel abstieg, und sogar als Modeassistentin eine Assistentin zur Unterstützung bekam. "Das war schon fett", sagt eine. Sie macht eine Pause, klingt dann paradoxerweise nicht sonderlich resigniert: "Na ja, so ist es halt ökonomischer. Funktioniert aber auch."

© SZ vom 27.10.2016 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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