Unsereins kennt den Richterhammer zwar nur aus Hollywoods Gerichtsfilmen. Da haut jemand, meist ein grimmiger Mann, mit dem aus Hartholz gefertigten Instrument auf einen Resonanzblock aus Holz, um die Delinquenten und sonstigen Besucher im Gerichtssaal zur Räson zu bringen. Sie tun ihm meist den Gefallen, denn anderenfalls würde er den Saal räumen. Die Zuschauer müssten dann raus ins langweilige Leben, dem Angeklagten bliebe nur der Weg in die verhasste Zelle.
Günter Keller, der Vorsitzende des Bezirksausschusses (BA) Sendling-Westpark, könnte ein solches Instrument, das vielen als Symbol für die Autorität seines Besitzers gilt, natürlich gut gebrauchen. In der BA-Sitzung dieser Woche war es wieder mal soweit, dass er die Beteiligten zur Ordnung rufen musste. Grund dafür waren ein paar Anwohner der Heckenstallerstraße. Sie hatten bis vor zwei Jahren unter der Autolawine des Mittleren Rings gelitten und sollten jetzt, da die Autos im Tunnel verschwunden sind, aufatmen - sollte man meinen. Es sei alles ganz anders, ereiferte sich einer von ihnen, ein Herr gesetzten Alters. Im Vergleich zu heute sei es früher ein Segen gewesen, "aber jetzt ist es die Hölle". Offenbar führt sich die Jugend im neuen Heckenstallerpark dermaßen auf, dass einige Anwohner der guten alten Zeit nachweinen, als ihnen bloß hunderttausend röhrende Autos die Nachtruhe vergällten.
Keller versprach, man werde die Situation im Auge behalten, die Polizei versicherte, man sei immer wieder mit Jugendbeamten präsent - aber der Anwohner gab keine Ruhe. Er führte sich so auf, wie es die Jugendlichen offenbar zu nachtschlafener Zeit vor seiner Haustür tun, fiel jedem sofort ins Wort und ließ sich in seinem Furor nicht bremsen. Deshalb griff BA-Chef Günter Keller notgedrungen zu jenem Instrument, das er seit jeher zur Disziplinierung nutzt: Er läutete energisch seine alles durchdringende Sitzungsglocke. Es wirkte: Die Protestierenden zogen grummelnd von dannen, in ihre Hölle, die für sie einst das Himmelreich war.