Mitten in München:Wetter für Städter

Wetterfeste Münchner brauchen keine hochsensiblen Geräte, um präzise zu ergründen, was sich an Tiefdruckgebieten und Sturmfronten über ihnen zusammenbraut

Von Jürgen Wolfram

Was machen sie zur Bestätigung ihrer wackeligen Prognosen nicht alles für Bauchaufschwünge. Stehen in Gummistiefeln knietief im Teufelsmoor, halten auf der Insel Hiddensee Mikrofone vom Format frisch geborener Lämmer in den Wind, loten am Funtensee bibbernd aus, wo sich Deutschland und Grönland am ähnlichsten sind. Die Meteorologen im Dienst der Medien lassen nichts unversucht, jeden Wetterumschwung, der sich ankündigt, bis hin zur löchrigsten Cumuluswolke zu erspüren. Manchmal liegen sie mit ihrer Vorhersage dennoch daneben. Dann fällt in ihren Reihen das Stimmungsbarometer dramatisch, denn es droht ein Donnerwetter vom Intendanten. Es sei denn, Katja Horneffer, Claudia Kleinert & Co. lächeln über die Irrtümer ihrer Messstationen so gekonnt hinweg wie Korrespondenten bei nachlassender Textsicherheit.

Wetterfeste Münchner brauchen keine hochsensiblen Geräte, um präzise zu ergründen, was sich über ihnen zusammenbraut. Sofern sie sich nicht überhaupt auf Bauernregeln verlassen, reichen ihnen zur Wahrnehmung der Witterungslage die Sinnesorgane völlig aus. Wabert beispielsweise starker Malzgeruch aus Großbrauereien durch die Arnulfstraße oder die Marsstraße, sinkt erwiesenermaßen der Luftdruck. Die Schwalben fliegen tief, alles wirkt irgendwie niedergedrückt, und das auch ohne direkte Alkoholeinwirkung. Zieht Sturm auf, merkt der Landeshauptstädter das nicht etwa am wehenden Haar seiner Begleiterin, sondern daran, dass der weithin sichtbare Stern auf dem Mercedes-Center erstarrt. Denn ab einer gewissen Orkanstärke arretiert das Facility Management sein Firmensymbol auf so windschnittige Weise, dass sich garantiert nichts mehr bewegt. Was sind gegen solche Indikatoren schon angeblich exakte Messmethoden, wenn diese doch nur wieder Toleranzen aufweisen? Manchmal können Faustregeln denkbar simpel sein. Verschwinden etwa der Fernsehturm und das SZ-Hochhaus von der Bildfläche, tja, dann herrscht wahrscheinlich dichter Nebel. Ein dreifach Hoch auf den Wetterbericht von der Isar!

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