Mitten in München:Kalt erwischt

Obwohl die Tage kälter werden, sinken die Erdgaspreise - ganz gegen sonst übliche Marktmechanismen

Von Berthold Neff

Normalerweise ist es ja so im Leben, dass man den Großen ausgeliefert ist. In der Fußball-Bundesliga trifft das zum Beispiel auf den FC Bayern München zu, gegen den die anderen 17 Mitbewerber um den Meistertitel kaum gewinnen können. Die Regel gilt aber auch für den kleinen Verbraucher. Wer zu Ostern mit dem Auto in den Urlaub startet, wird feststellen, dass die Mineralölkonzerne just dann ihre Kraftstoffpreise anheben. Die Wirtschaftsbosse verweisen dann stets auf die Gesetze des Marktes. Dieser errechne den Preis seiner Produkte ganz einfach über den Mechanismus von Angebot und Nachfrage. Den hat der große Adam Smith schon 1776 in einem Buch beschrieben, das sinnigerweise "Der Wohlstand der Nationen" hieß, obwohl unsereins bei dieser Operation meist ärmer wird.

Bisher haben sich auch die Stadtwerke München an dieses Marktprinzip gehalten. Meist im Sommer, wenn es die Münchner ins Freibad zieht, wurden die Eintrittspreise erhöht, zuletzt am 1. Juli 2015. Man hat das einfach so hingenommen, denn es war klar: Wieso hätte man den Bäderpreis im Winter anheben sollen, wenn die Münchner das kühle Wasser eher meiden? Es hätte nur die paar Hartgesottenen getroffen, die sich ins Winter-Warmfreibad trauen.

Seit diesem Donnerstag ist das anders. Da verkündeten die Stadtwerke, dass sie - antizyklisch par excellence - ihre Erdgaspreise just zum 1. Dezember um rund 12,7 Prozent senken. Also genau zu dem Zeitpunkt, da die Münchner die Heizung aufdrehen und den ersten Glühwein auf den Herd stellen. Genau dann, wenn die Nachfrage steigt, fällt der Preis. Ähnlich entgegenkommend waren unsere Stadtwerke bereits im März. Um uns nicht unnötig zu belasten, warteten sie mit der Strompreiserhöhung von 3,9 Prozent bis zum Frühjahr, wenn die Tage ohnehin länger werden und man den Griff zum Lichtschalter hinauszögern kann.

Wer nun noch schnell in die M-Bäder will, bevor im Sommer die nächste Preiserhöhung droht, muss sich an diesem Freitag gedulden. Vormittags sind sie - außer der Olympia-Schwimmhalle und dem Prinzregentenstadion - wegen einer Betriebsversammlung geschlossen.

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