Mitten in München:Jagd in der U-Bahn

Lesezeit: 1 min

Bisher tauchen Mäuse gelegentlich im Gleisbereich von S- oder U-Bahn auf. Nun haben sie den Sprung in Waggons geschafft - die allerneuesten sogar

Kolumne von Berthold Neff

Man hat sich ja mittlerweile so an einiges gewöhnt im öffentlichen Personennahverkehr. Nicht nur, dass es immer mehr Menschen sind, die sich durchs tägliche Gedränge wühlen - jetzt mischen auch die Tiere mit. Den Anfang machten die Tauben. Sie ziehen ihre Flatter-Runden durch die Stationen, die Wagemutigsten unter ihnen sind schon im zweiten Untergeschoss gesichtet worden. Experten rätseln noch, wie sie sich bei diesen Expeditionen in die Tiefe wieder nach oben orientieren, denn das fällt unsereins, trotz des etwas größeren Gehirns, manchmal durchaus schwer. Am Stachus haben sich die Tauben auch von dem Wüstenbussard-Weibchen Hillary nicht ins Bockshorn jagen lassen.

Die Mäuse wiederum haben längst die Röhren und Bahnsteige von U- und S-Bahn erobert und umgehen die Fallen, die ihnen der Mensch gestellt hat, mit beachtlichem Geschick. Außerdem lassen sie sich, ihrer Niedlichkeit bewusst, auch gerne fotografieren, was ihnen im Netz das ewige Leben sichert. Da sie aber viel zu klein sind, um sich eine Fahrkarte zu kaufen und es ihnen auch am dafür erforderlichen Kleingeld mangelt, haben sie es bisher unterlassen, sich von der U-Bahn zu neuen, fresstechnisch günstigeren Standorten bringen zu lassen. Offenbar wissen sie, was die Kontrolleure mit Schwarzfahrern anstellen.

Und dann dies. Heimfahrt nach Hadern, in einer U-Bahn der C-Klasse, das zweitneueste Modell, mit einem vor sich hin dösenden English Springer Spaniel zu Füßen, der seine langen Ohren sorgsam neben die Schuhe seiner Mitreisenden drapiert hat. Plötzlich, kurz vor Holzapfelkreuth, springt er bei voller Fahrt auf, dass es sein Frauchen mitsamt der Leine fast vom Sitz reißt, und stürzt Richtung Tür. "Eine Maus!", sagt Frauchen. Sie versteckt sich in den Spalt, in dem die Tür beim Öffnen verschwindet. Der Hund starrt während der weiteren Fahrt wie gebannt in dieses Loch. Kein Wunder, Spaniels gelten als unermüdliche Jagdhunde. Sie lieben es, ganz auf sich allein gestellt, das Wild aufzustöbern und es dann Richtung Jäger zu treiben.

Der Fahrplan macht dieses Vorhaben zunichte. Am Haderner Stern muss er raus. Und die Maus? Wird wohl im Spalt bis zur Endstation weitergefahren sein.

© SZ vom 17.07.2018 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
Zur SZ-Startseite

Lesen Sie mehr zum Thema

Jetzt entdecken

Gutscheine: