Mitten in München:In der Hitze der Stadt

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Nicht nur das Wetter schlägt Kapriolen - auch Tiere machen zurzeit die verrücktesten Sachen

Von Berthold Neff

Wenn das Wetter verrückt spielt, färbt das auch auf die Menschen ab, die darunter leiden. Das ist vor allem dort zu beobachten, wo man auf engem Raum beisammen ist, zum Beispiel in der U-Bahn. Man hat dort also vergangene Woche, die Schuhe vom Dauerregen gut durchfeuchtet, einen Sitzplatz ergattert, dann fängt die Frau von gegenüber zu reden an. Es geht, so ist dem etwas wirren Gedankengang zu entnehmen, zunächst mal darum, dass die Polizei in der Wohnung unter ihr zugange war, dort einen 20-Jährigen verhaftet und die Bude dann abgefackelt hat. "Dann haben sie ihn nach Stadelheim gebracht, aber das ist besser als Alcatraz, denn von dort kommt man nur weg, wenn man gut schwimmen kann."

Beim Stichwort "Stadelheim" wird ihr Nachbar hellhörig, etwa 75 Jahre alt, rotes Freundschaftsbändchen am Handgelenk. "Da war ich zwei Jahre lang", sagt er, "mir hat's gereicht". Die Frau staunt: "Aber war doch besser als Alcatraz, auf der Insel mitten im Wasser?" Der Mann zuckt mit den Schultern: "Alcatraz wäre sicher schlimmer gewesen, jetzt bin ich aber am Wasser, unter der Brücke."

Dann ist es Zeit zum Aussteigen, raus ins Wasser. Und dann fällt einem ein, dass sich, wie eine Kollegin erzählte, auch in Pasing Merkwürdiges ereignet hat, dass dort auch Tiere, die sonst eher unauffällig sind, bei Dauerregen verrückte Sachen machen. In ihrem Garten dümpelte seit Jahren ein gelber Fisch in einer Regentonne still vor sich hin. Das war nicht weiter verwunderlich, denn man hat ihn, vermutlich in China, aus Plastik gefertigt. Dennoch schaffte er es eines Morgens, sich aus dem Bottich zu katapultieren. Fand selbst er es unerträglich, dass es pausenlos schiffte, ertrug er die doppelte Nässe, von unten und oben nicht mehr? Schwer zu sagen, er stellt sich bei solchen Fragen einfach stumm.

Und was, wenn alle auch jetzt völlig durchdrehen, da der Sommer mit mehr als 30 Grad zurückschlägt? Wird das Eichhörnchen, das so gerne in der Gleditschie dort drüben herumturnt, sich seines Pelzes entledigen? Gut möglich. Man sollte ihm aber empfehlen, wenigstens den langen, prächtigen Schweif zu behalten. Der ist bestens dafür geeignet, um sich nach Art einer spanischen Señorita Kühlung zuzufächeln.

© SZ vom 02.08.2017 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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