Mitten in München:Ein Hoch dem Antizykliker

Wer das ganze Jahr über mit Bedacht und nach Terminkalender plant, bleibt zu Weihnachten und Neujahr von Hektik verschont

Kolumne Von Thomas Kronewiter

Wer jetzt noch träge der Weihnachtsgans mit Knödeln und Blaukraut nachsinnt, nachmittags die Wahl zwischen Apfel, Nuss und Mandelkern hat und obendrein im Jahresend-Resturlaub einen reichlichen Stapel Plätzchen vor sich auf dem Teller, sollte sich darüber im Klaren sein, dass er schon in den letzten Tagen des zu Ende gehenden Jahres den Start für 2018 zu verschlafen droht. Glück braucht jetzt noch, wer die Silvesterraketen seiner Wahl zum günstigen Preis beim Discounter oder im Baumarkt günstig zu ergattern hofft. Denn am Tag vor Silvester dürfte allenfalls noch das ordinäre Bodenfeuerwerk im Regal liegen. Wer sich oder den Seinen das Kultur-Abo zu schenken gewillt ist, muss wissen, dass die beste - die gabenreiche, also vorweihnachtliche - Buchungszeit ebenfalls bereits verstrichen ist.

Wohl da dem Antizykliker, der kalkulierend und tiefenentspannt die Weihnachtstage mit liebevoll gebastelten Gutscheinen überbrückt hat, von denen er weiß, dass allenfalls die Hälfte der Beschenkten tatsächlich ans Einlösen zu denken nicht vergessen wird. Er läuft in den Nach-Weihnachtstagen zu großer Form auf, bunkert den dramatisch im Preis reduzierten Rasierapparat für den Geburtstag des Cousins im kommenden Herbst, greift im Fotoladen das teure Objektiv mit Hilfe der bis Ende Januar laufenden Trade-In-Aktion günstig ab und scannt die Shops der Fußgängerzone auf passende Cash-back-Angebote.

Mehr Vorsicht sollte walten lassen, wer ab und an kulturelle Angebote selbst an den Mann respektive die Frau zu bringen hat. Auf den Redaktionstisch geflattert ist noch vor dem Fest die Einladung zur "Watschenbaum-Gala" einer Bauernbühne Mitte Mai. Die frühe Meldung, durch den 50. Geburtstag des Veranstalters ausreichend entschuldigt, erklärte sich durch den Hinweis auf "ein Super-Weihnachtsgeschenk". Sie drohte allerdings im Vorweihnachts-Chaos ebenso zu versanden wie der Ostermarkt "Rund ums Ei" in Trudering.

Richtig Respekt verdient jener Leugner saisonaler Verpflichtungen, der sein Café in Laim perfekt adventlich zu schmücken wusste - mit einer Kompanie Osterhasen, mit Bart und Bischofsmützen über den Löffeln. Echt cool, und auch noch perfekt umrüstbar.

Zur SZ-Startseite

Lesen Sie mehr zum Thema

Jetzt entdecken

Gutscheine: