Mitten in Haidhausen:Scheußlich schön

Der erste Hof-Flohmarkt des Jahres lockt Massen, die schneller zugreifen, als man die Ware auslegen kann

Von NICOLE GRANER

Was kost?" Mit dieser Frage beginnt an jenem Samstag alles. An einem Tag, an dem sich Menschen versammeln, die entweder viel zu viel in ihren Schränken und Kellern haben. Und die, die hoffen, dass sich in jenen muffigen Verschlägen Skurriles und Absonderliches, Schönes und Seltenes befunden hat. Es ist Samstag, es ist Hof-Flohmarkt in Haidhausen. Der erste im Jahr. Und da die Sonne scheint, die Menschen Sehnsucht nach Schlendern haben, kommen viele. Sehr viele. Sehr früh. Kaum sind die Tapeziertische auseinandergeklappt, stehen die ersten vor noch nicht ausgeräumten Kartons, Wannen oder blauen Ikea-Taschen und stellen viele Fragen. Eben solche wie "Was kost?" Oder: Was hast du? Schmuck? Fremdwährungen? Nö, hat das Mädchen nicht, das ja gerade erst versucht, Bücher zu stapeln, T-Shirts zu falten.

Auf den Tischen gibt es dann alles: Scheußliche Gläser mit abstrakten Malereien, Nudelmaschinen, Pferde-Massage-Handschuhe, alte Lampenschirme. Hinter den Tischen wird gewettet: Falls die scheußlichen Gläser, falls diese kitschige Tasse mit furchtbar süß dreinblickenden Hundewelpen Käufer finden, wird eine Flasche Sekt geköpft. Sie wird. Gläser weg, Tasse weg. Und vor den Tischen: Zufriedene Schnäppchenfänger-Gesichter - mit der Holzstatue eines Chinesen unter dem Arm, einem Mixer, einem grasgrünen Nähkästchen, einem zitronengelben Babywäsche-Set.

Ist der Tisch schön dekoriert, bleibt nicht viel. Wird nicht ein bisschen gefeilscht, stimmt was nicht. Das Beste sind die Gespräche. Über ein Kinderblüschen kommt man auf die Kindererziehung, über bemalte Cognac-Schwenker auf den Mal-Stil der Sechzigerjahre. Über Pelzkappen wird diskutiert, Geschichten über ein altes Schwabinger Hutgeschäft werden erzählt. Eine Pferde-Führleine ist Anlass fürs Plaudern über die einzig wahre Hundehaltung.

Ja, und manchmal begegnet man sich einfach nur. Lächelt den anderen an, weil er so schöne Sachen verkauft oder unter dem Arm hat. Wunderbar! Und man freut sich: Dass der eigene Keller leer ist, der andere wieder voll.

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