Mitten in Gräfelfing:Maggi-Fix von Frank Wedekind

Bekannt wurde er als Schriftsteller und Dramatiker, aber bei einem ganz besonderen Leseabend zeigt der Literat auch eine andere Seite

Kolumne von Jutta Czeguhn

Der Opa, erinnert sich das Enkelkind, hat immer einen auf Suppenkasper gemacht, wenn die kleine braune Flasche mit dem gelb-roten Etikett nicht auf dem Tisch stand. Da konnte die Oma noch so beteuern, dass doch alles auf den Punkt gewürzt sei. Quatsch mit Soße, befand der Opa und verschränkte, bereit zum Hungerstreik, die Arme über dem stattlichen Bauch. Maggi, "das gewisse Tröpfchen etwas", musste her, aber subito! Der Opa hatte, wie Millionen anderer damals, einen Narren gefressen an diesem Geschmacksverstärker-Klassiker, den er stets mit dramatischer Geste und einem genüsslichen Hmmmmm über jede, aber auch jede Mahlzeit träufelte.

Heute muss man schon sehr viel Mut besitzen, das Maggi-Fläschlein neben Pfeffer, Salz und Zahnstochern auf den Tisch zu stellen. Denn die Kult-Würze löst bei gesundheitsbewussten Mitessern schon beim schieren Anblick allergische Reaktionen aus. Auch wenn die Formel aus dem Kochstudio des Schweizers Julius Maggi seit 1886 streng geheim ist, pochen sie auf verbindliche Listung der Inhaltsstoffe. Es könnte da ja Mononatriumglutamat oder so'n Zeug drinstecken.

Die Gräfelfinger Gelegenheitsdichter, kurz Grägs, haben die literarische Seite von Flüssigwürzen und Brühwürfeln entdeckt. An diesem Dienstag, 13. März, 19 Uhr, laden sie zu Tisch ins Café Fesl an der Scharnitzer Straße 1 in Gräfelfing und gedenken unter Löffeln diverser Instant-Suppen des Literaten Frank Wedekind, dessen Todestag sich am 9. März zum 100. Mal jährte. Wedekind war 1886, just in der Geburtsstunde der Maggi-Flaschen, Werbespruchdichter bei der Suppenfirma. "Das wissen selbst die Kinderlein: Mit Würze wird die Suppe fein. Darum holt das Gretchen munter, die Maggi-Flasche runter." Tja, was macht man nicht alles für Geld? Über 160 Reklame-Verslein soll Wedekind verfasst haben. Mit einigen Hörbeispielen dieser abgeschmeckten Poesie werden die Grägs ihre Fesl-Suppenlesung nun zu würzen wissen. Der Eintritt ist frei, und die Maggi-Flasche steht unter Garantie auf dem Tisch.

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