Mit Kohle und Steinen beworfen:Gewaltexzess am Flaucher-Kiosk

Zwei junge Männer haben an der Isar einen 34-Jährigen brutal verprügelt. Sie kamen mit Bewährungsstrafen davon.

A. Krug

Das Wesen des Ressentiments besteht darin, dass es stets mehr über den Benutzer verrät als über den Beschimpften. Als Istvan Z., 30, und Sebastian P., 19, an einem Kiosk am Flaucher auf den gebürtigen Brandenburger Steven L., 34, trafen, fiel ihnen nichts Besseres ein, als ihn anzupöbeln: "Verpiss dich, du Ossi-Fotze. Wegen dir sollte man die Mauer wieder bis zum Himmel aufrichten."

Flaucher

Normalerweise kommen die Münchner zum Flaucher, um in der Sonne zu sitzen. Istvan Z. und Sebastian P. kamen, um Ärger zu machen.

(Foto: Foto: Haas)

Damit nicht genug: Als sich der Geschmähte wortlos zurückzog, fielen sie über ihn her und prügelten und traten ihn zusammen. Auf die Frage nach dem Motiv dieses Gewaltexzesses zuckten die beiden am Montag im Amtsgericht nur mit den Schultern.

Es sind zwei baumlange Kerle, die da auf der Anklagebank hocken. Ein knappes "tut mir leid" ist alles, was die beiden zu ihrer Verteidigung vorbringen. Betrunken seien sie halt gewesen, der Ältere verweist auf einen "Filmriss". Den hat ihr Opfer nicht, im Gegenteil: Steven L. hat seit der wüsten Prügelorgie vor gut einem Jahr chronische Kopfschmerzen - was kein Wunder ist. Nach der verbalen Attacke am Kiosk hatte er sich zum Schwänefüttern zurückgezogen.

Die beiden Schläger folgen ihm, Sebastian P. packte einen Schwan am Hals und schleuderte ihn gegen Steven L. Der wich dem wild flatternden Vogel aus, bekam dann aber einen Faustschlag an den Hals. Als er sich nach kurzzeitiger Benommenheit wieder aufrappelte, bewarf ihn Istvan Z. mit einem Grill mitsamt Bratwürsten und glühenden Kohlen. Der 34-jährige Maler und Lackierer konnte gerade noch die Arme hochreißen, die Kohlen verbrannten nur sein T-Shirt.

Nun flogen Steine ("die wollten mich steinigen") und schließlich griff Istvan Z. zu einer Bierflasche, zerschlug sie und ging damit zur Attacke über. Als Steven L. am Boden lag, traten sie auch noch gemeinsam auf ihn ein. "Die haben mit meinem Kopf Fußball gespielt", sagt der Brandenburger.

Bei diesem Ablauf grenzt es an ein Wunder, dass er mit einer Gehirnerschütterung, Prellungen, Platz- und Schnittwunden davonkam. Istvan Z., gebürtiger Ungar mit deutschem Pass, scheint im Nachhinein zumindest nachdenklich. "Ich finde das ja selber erschreckend", sagt er.

Eine Erklärung für die Tat hat er aber nicht. Die Staatsanwältin fordert für beide Haftstrafen von jeweils zwei Jahren und vier Monaten, die Verteidiger Christian Vorländer und Roland Autenrieth plädieren für eine Bewährungsstrafe.

Die Richterin folgt ihren Anträgen und verurteilt beide zu jeweils zwei Jahren Haft mit Bewährung. Im Fall des mehrmals - auch wegen Körperverletzung - vorbestraften Sebastian P., der als Heranwachsender noch in den Genuss des milden Jugendstrafrechts kommt, wird die Strafe unter Vorbehalt ausgesprochen. Sollte er innerhalb der kommenden sechs Monate straffällig werden oder gegen seine Auflagen verstoßen, müsste er sofort ins Gefängnis.

"Jetzt hängt alles von ihm ab", sagt sein Anwalt Vorländer. Das Urteil ist indes noch nicht rechtskräftig, die Staatsanwaltschaft kann noch Berufung einlegen.

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