Milbertshofen:Angst vor dem Rauswurf

Vor allem die älteren Bewohner zweier Gebäude an der Graf-Konrad-Straße in Milbertshofen wollen sich mit dem Abriss ihrer Häuserblocks nicht abfinden. Scharfe Kritik an der Informationspolitik des Bauträgers im Bezirksausschuss

Von Nicole Graner, Milbertshofen

Helga Madison ringt um Fassung. Sie kann nicht so recht glauben, was sie da von Fredy Hummel-Haslauer (SPD), dem Vorsitzende des Bezirksausschusses Milbertshofen-Am Hart, hört. Er bestätigt ihr, dass vermutlich zwei Gebäudekomplexe an der Graf-Konrad-Straße abgerissen werden sollen, um nachzuverdichten. Er habe auch bereits beim Bauträger nachgefragt, was denn mit den Mietern passiert, die in den beiden Häuserblöcken wohnen. Die Antwort: Die Mieter müssen alle raus. Ihnen würden, so Hummel-Haslauer, wohl Ersatzwohnungen in Moosach angeboten werden. Auch hätten sie dann Vorzugsrecht bei den neu gebauten Wohnungen an der Graf Konrad-Straße.

"Wir sind aber in diesen Wohnungen groß geworden", sagt Madison, die wie viele andere seit Februar 1965 in den beiden langgestreckten Häuserblocks mit den Nummern 10, 12, 14, 16, 18 und 18 a wohnt. 36 Parteien betrifft der geplante Abriss. Und dann platzt der zierlichen Frau in der Ausschuss-Sitzung am Mittwoch dann doch die Hutschnur: "Ich will nicht nach Moosach. Es ist ein Unding, dass wir von diesem Bauanliegen nur durch Zufall erfahren haben." Stutzig seien sie geworden, wie die Bewohner bestätigen, die in großer Zahl zur BA-Sitzung erschienen sind, um ihrem Unmut Luft zu verschaffen, als Wohnungen durch die WSB-Bayern vorab zur Besichtigung freigegeben worden seien. "Das alles ist ganz, ganz mies. So geht man nicht mit Leuten um, die seit so vielen Jahren in den Wohnungen leben", sagt Helga Madison. Außerdem lebten ganz viele alte Menschen in den beiden Komplexen; für die sei das mit großen Ängsten verbunden.

Wie die 79-Jährige, die dann mit 80 Jahren aus ihrer Dreizimmerwohnung raus und umziehen müsste, denken alle Anwohner, die sich untereinander gut kennen. Man habe eine gute Infrastruktur hier in Milbertshofen. Einkaufsmöglichkeiten und Ärzte, wie ein anderer Bewohner sagt. Das sei in ihrem Alter nämlich besonders wichtig. Auch alle sozialen Kontakte seien in Milbertshofen - unvorstellbar also, irgendwo in Moosach zu wohnen, alle wollen im Viertel bleiben. Am meisten aber ärgert die Anwohner, dass sie nicht einmal offiziell in Kenntnis gesetzt werden. Es könne nicht sein, dass bereits Nachbarn informiert worden seien, sie aber nicht. "So etwas geht einfach nicht", wiederholt Madison. "Wir wollen endlich Fakten", sagt eine andere Mieterin in der Sitzung.

"Uns fehlen im BA tatsächlich auch viele Informationen", sagt SPD-Fraktionssprecherin Susanne Schneider-Geyer. Und Stadträtin Jutta Koller (Bündnis 90/Die Grünen) fände es "mit Sicherheit zielführend", Fragen zu stellen, was denn genau mit den Mietern geschehe. Außerdem könnte man im BA Fragen sammeln und dann an den Antragsteller und die Behörden schicken. Auch BA-Vorsitzender Fredy Hummel-Haslauer befürwortete die Idee und bot den Anwohnern an, dass sie ihre Ängste und Fragen zusammentragen und an die Geschäftsstelle des BA schicken könnten. Sie sollen dann in einem Fragenkatalog zusammengefasst und an die Antragsteller geschickt werden. Die Behandlung der Bauvoranfrage für die Graf-Konrad-Straße wurde, darin war sich das Gremium einig, auf die Oktobersitzung vertagt. "Man stütze sich noch auf zu viele Vermutungen", erklärt Erich Tomsche. Es sei besser, mehr Informationen einzuholen.

Für die Anwohner der beiden Häuserblocks ist das zwar ein erstes Angebot. Sicherheit bedeutet es noch lange nicht. Die Vorstellung, bald aus ihren Wohnungen raus zu müssen, beschäftigt die vielen alten Menschen täglich. "Ich kann schon nicht mehr schlafen", sagt eine Frau. Die anderen Anwohner nicken. Unsicherheit spiegelt ich in den Gesichtern wider. Eines ist sicher, auch wenn das die Ängste der Anwohner zunächst nicht nehmen kann: Alle betroffenen Mieter der Graf-Konrad-Straße werden sich in den nächsten Tagen treffen, um ihre Fragen zu sammeln und zu formulieren.

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