Milbertshofen:Die Problemlöser

Milbertshofen: Traudl Baumgartner von Akim im Gespräch mit einem Parkbesucher.

Traudl Baumgartner von Akim im Gespräch mit einem Parkbesucher.

(Foto: privat)

Das Allparteiliche Konfliktmanagement Akim setzt in Milbertshofen auf Kommunikation und auch auf Selbsthilfe

Von Nicole Graner, Milbertshofen

Aus welchen Gründen auch immer: Sie haben den Anschluss an die Gesellschaft verloren, ihr soziales Leben ist verkümmert. Menschen in dieser Situation verlassen oft ihre Wohnungen nur noch aus einem Grund: Um Kontakte zu suchen, sich mit Gleichgesinnten zu treffen, sich auszutauschen und um das Einsamsein zu mildern. "Wohnungsflüchter" werden jene Menschen in der Fachsprache genannt. Eine Bezeichnung, die stimmig klingt, bezieht man sie auf die Sehnsucht der Menschen nach gesellschaftlichem Anschluss. Aber nicht immer passen die Treffpunkte zum Alltag der Anwohner. Nicht immer sind diese Treffen leise.

Im kleinen Park an der Weyprechtstraße wiederholte sich lange Zeit das gleiche Szenario: Wohnungsflüchter trafen sich regelmäßig in der Grünanlage. Weil eine Gruppe nicht mehr mit der anderen konnte, "verzog" sich eine Gruppe in die Nähe des Rosengartens. Es wurde geredet, getrunken, die Büsche mussten als Toilette herhalten und die Anwohner klagten über dauerhaften Lärm - vor allem abends und nachts. Immer wieder beschwerten sich die Anwohner - sogar im Bezirksausschuss (BA) Milbertshofen-Am Hart. Mürbe sei man wegen des ständigen Geräuschpegels, fertig mit den Nerven - so die Argumente der Anwohner. Der BA handelte: Akim, das Allparteiliche Konfliktmanagement, wurde im Oktober 2015 angerufen. Und Akim nahm die Arbeit auf. Eine Arbeit, deren Grundlage vor allem aus einem wichtigen Baustein besteht: der Kommunikation. "Unsere wichtigste Aufgabe ist es, im Gespräch mit allen Betroffenen die Argumente zusammenzuführen, Aggressionen herauszunehmen" sagt Akim-Koordinatorin Brigitte Gans. Und es geht, wie Traudl Baumgartner von Akim in der jüngsten Sitzung des BA erklärte, in der sie die Arbeit des Konfliktmanagements den Lokalpolitikern vorstellte, vor allem auch um die Lösungssuche am Ort.

So führte Akim in Zusammenarbeit mit Streetwork Gemeinwesen viele Gespräche im Park an der Weyprechtstraße mit den Anwohnern, den Wohnungsflüchtern und den umliegenden Betroffenen wie auch der Leitung des nahe gelegenen Edeka-Marktes, die sich zum Beispiel über den Alkoholkonsum der Gruppe Sorgen machte. Dieser sei, so erinnert sich Gans an das Argument, ein "schlechtes Vorbild für die eigenen Auszubildenden".

Immer wieder sei Akim dort gewesen, man habe versucht, ein "objektives" Bild zu bekommen und es den Anwohnern zu spiegeln. Tatsächlich habe sich die Gruppe irgendwann zurückgezogen. Wohl auch deshalb, weil man, so Gans, durch die Beschäftigung mit dem Thema im BA und durch Medienberichte auf die Gruppe aufmerksam gemacht wurde. "Diese Menschen wollen Teil der Gesellschaft sein, nicht Aufreger", sagt Gans. Die Mediation im Fall der Weyprechtstraße scheint funktioniert zu haben. Seitdem, so Akim, sei man nicht mehr an die Weyprechtstraße gerufen worden.

Ein weiterer Fall im Münchner Norden. Im November vergangenen Jahres hatte Akim erneut versucht zu schlichten. Vom Kinderhaus Am Hart waren Hinweise an das Akim-Team, das aus fünf Konfliktmanagern und einer Koordinatorin besteht, herangetragen worden, dass sich Kinder immer häufiger vor Hunden erschreckt hätten, die nicht angeleint auf die benachbarte Hundewiese liefen. Auch da habe Akim die Situation klären können. Während ein neues Schild aufgestellt wurde, sprachen sie mit den Hundebesitzern und erklärten, warum die Hunde im Bereich des Kinderhauses angeleint werden sollten. Die Hundebesitzer zeigten, so Akim, Einsichtigkeit. Auch Am Hart wurde das Problem also gelöst.

In allen Fällen, ob bei immer wieder aufkeimenden Schlichtungen am Gärtnerplatz, Kolumbusplatz, in der Müllerstraße, bei Ruhestörungen oder Problemen mit sogenannten Stammstehern - Akim-Mitarbeiter nehmen auch bei "gelösten Fällen" jederzeit wieder erneute Gespräche auf. Wichtig sei aber, erklärt Traudl Baumgartner in der BA-Sitzung, dass die Beteiligten letztlich selbst in der Lage seien, die Gespräche fortzuführen und Lösungen zu suchen. "Die Eigenbeteiligung zu fördern - auch das ist unser Ziel", bestätigt Brigitte Gans. Sich rechtzeitig bei Akim zu melden, bevor Aggressionen kaum ein Gespräch mehr möglich machten, sei für die Arbeit der Konfliktmanagerinnen sehr hilfreich.

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