Mieträder in München:Call a Bike bekommt Konkurrenz

Bike-Service-Center der DB (BSC)

1200 Räder bietet die DB-Tochter Call a Bike in München an. Ebenso viele will die Münchner Verkehrsgesellschaft aufstellen.

(Foto: Florian Peljak)
  • Die Fahrradvermietfirma "Call a Bike", eine Tochter der Deutschen Bahn, stellt in München gut 1200 Call-a-Bike-Räder zur Verfügung.
  • In den kommenden Jahren muss das Unternehmen mit massiver Konkurrenz rechnen: Die Münchner Verkehrsgesellschaft (MVG) will ein eigenes Mietrad-Angebot aufziehen.
  • Der Start ist für Juli 2015 anvisiert - zuvor ist ein ausführlicher Probebetrieb mit etwa 100 Mieträdern und ausgewählten Testkunden geplant.

Von Marco Völklein

Das Schlimmste, sagt Hubert Stiglbauer, sei nicht das ständige Raus aus dem Auto und dann wieder Rein in das Auto. Auch nicht das Ein- und Ausladen der jeweils 23 Kilogramm schweren Fahrräder. Nein, das Schlimmste, so Stiglbauer, "ist der Verkehr in der Stadt". Die vielen Staus. Und die Suche nach einem Parkplatz, an dem der Monteur kurz halten kann, um ein Fahrrad aus- oder einzuladen. Oder um schnell mal kleinere Reparaturen vorzunehmen. "Ständig wird man angehupt oder beschimpft", sagt Stiglbauer. Oder aber es hält gleich mal eine Polizeistreife an und droht mit Bußgeld.

Hubert Stiglbauer ist einer von fünf Münchner Mitarbeitern bei der Fahrradvermietfirma "Call a Bike", einer Tochter der Deutschen Bahn (DB). Jedes Jahr im Herbst sammeln er und seine Kollegen die gut 1200 Call-a-Bike-Räder ein, um sie über den Winter zu warten und zu reparieren. Im Frühjahr müssen sie dann wieder raus auf die Straße. Seit Mitte März verteilen Stiglbauer und seine Kollegen sukzessive die Fahrräder in der Stadt.

Nicht jeder Einsatz ist ein Notfall

Und sobald die Räder draußen sind, müssen sich die Mitarbeiter auch um den Service kümmern. Dann sitzt auch Stiglbauer regelmäßig in seinem Mercedes Sprinter und kurvt damit quer durch die Stadt.

An diesem Morgen zum Beispiel hat sich der Betreiber eines Cafés in Schwabing beschwert. Nutzer hätten zwei Call-a-Bike-Räder auf dem Privatgrundstück an der Königinstraße abgestellt. Sollten die nicht schleunigst verschwinden, so steht es auf Stiglbauers "Troubleticket", das ihm die Kollegen ausgedruckt haben, werde der Cafébesitzer die Polizei rufen und die Räder entfernen lassen - "kostenpflichtig", wie er am Telefon betont hatte.

Also fährt Stiglbauer in die Königinstraße und schaut sich die Sache an. Tatsächlich stehen die Call-a-Bike-Räder neben einigen anderen Fahrrädern direkt vor dem Eingang zum Restaurant. Es ist nicht ganz klar, wo der öffentliche Bürgersteig endet, und wo der Privatgrund des Cafés beginnt. "Was soll das?", fragt sich Stiglbauer. "Da stehen doch viele Fahrräder." Und dennoch fackelt er nicht lange. Er packt die Räder auf die andere Straßenseite - fertig.

Rad mitnehmen, Batterie wechseln, Fall erledigt

Weiter geht es zum nächsten (Not-)Fall. Ein Radl an der Leopoldstraße lässt sich nicht mehr nutzen. Stiglbauer checkt die Batterie am elektronischen Schloss. "Die ist runter", sagt er. Das komme immer mal wieder vor. An Ort und Stelle lässt sich das Problem aber nicht beheben. Stiglbauer wuchtet das Rad in seinen Transporter. Die Techniker in der Werkstatt werden später die Batterie auswechseln - Fall erledigt.

Erfunden wurde Call a Bike im Jahr 2001 von zwei Informatikern in München. Hubert Stiglbauer war damals schon dabei. "Ich habe die Räder mitentwickelt", erzählt er. Obwohl sich die Mieträder schnell zu einem Renner entwickelten, ging das kleine Startup-Unternehmen relativ rasch in die Knie; die Deutsche Bahn sprang ein und übernahm die Firma. Und nicht nur das: Mittlerweile gibt es die Räder, die man entweder per App oder telefonisch anmieten kann, in 50 deutschen Städten. Allein in München wurden im vergangenen Jahr 420 000 Fahrten damit unternommen. Das waren 70 000 mehr als ein Jahr zuvor. Mittlerweile stehen 67 000 Münchner Kunden in der Kartei von Call a Bike.

Konkurrenz für die DB-Tochter

In den nächsten Jahren aber dürfte der DB-Tochter massive Konkurrenz erwachsen. Denn auf Betreiben des Stadtrats wird die Münchner Verkehrsgesellschaft (MVG) ein eigenes Mietrad-Angebot aufziehen. Während aber die Nutzer bei Call a Bike die Räder quasi frei an jeder Ecke innerhalb des Münchner Geschäftsgebiets abstellen können, plant die MVG ein Mischmodell: Innerhalb eines fest definierten Geschäftsgebiets können die Velos von den Nutzern frei abgestellt werden.

Außerhalb des Gebiets sollen die Nutzer die Räder an festen Stationen anmieten und zurückgeben können. Und ähnlich wie die Bahn will auch die MVG eine Flotte von etwa 1200 Fahrrädern in der Stadt anbieten. Geplant sind stadtweit 125 Stationen - jede soll etwa zehn bis 15 Räder aufnehmen können. Laut MVG-Chef Herbert König ist der Start für Mitte Juli dieses Jahres anvisiert. Zuvor allerdings ist noch ein ausführlicher Probebetrieb mit etwa 100 Mieträdern und ausgewählten Testkunden geplant.

Mehr als diese Eckdaten rücken derzeit weder MVG noch der Kooperationspartner Nextbike aus Leipzig zu dem Projekt heraus, in das die Stadt zwei Millionen Euro und die MVG weitere acht Millionen Euro stecken. Zumindest aber, so heißt es bei der MVG, sei die Abstimmung mit den Bezirksausschüssen abgeschlossen, wo und in welchem Umfang die neuen Anmietstationen überall entstehen sollen. Die DB-Manager jedenfalls reagieren wenig nervös auf die neue Konkurrenz: "Wir werden die Entwicklung beobachten", sagt eine Sprecherin. Und in jedem Fall "wollen wir München treu bleiben." Eine Aufstockung der DB-Mietrad-Flotte sei derzeit aber nicht geplant.

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