Mieter einbinden:Identifikation, Integration

Stadt stellt Sozialkonzept zu Wohnungsprogramm vor

Erst im März hatte Oberbürgermeister Dieter Reiter den "wohnungspolitischen Paukenschlag" angekündigt. In einem Zeitraum von vier Jahren sollen rund 3000 neue Wohnungen für einkommensschwache Gruppen entstehen, vor allem für Familien mit geringem Einkommen, Auszubildende und junge Berufstätige sowie für anerkannte Flüchtlinge. "Wohnen für alle", nennt sich das Programm. Am Donnerstag wird nun im Sozialausschuss das Rahmenkonzept dafür vorgestellt. Ziel ist, die neuen Mieter bestmöglich ins Quartier zu integrieren und zugleich ihre Akzeptanz durch die Stadtbevölkerung zu fördern.

So soll das Programm dazu beitragen, dass "die große Hilfsbereitschaft bei der Erstaufnahme der Flüchtlingshaushalte am Münchner Hauptbahnhof im vergangenen Herbst nicht als Einmaleffekt verpufft, sondern auch für die mittel- bzw. langfristige Integration dauerhaft weiterwirkt", heißt es in der Beschlussvorlage. Die anerkannten Flüchtlinge, vorwiegend aus Syrien und Irak, die 51 Prozent der Bewohner ausmachen, sollen durch Sozialpädagogen und eine sozial und ökologisch orientierte Hausverwaltung betreut werden; am Anfang sollen Kulturmittler und Dolmetscher eingesetzt werden. Das Konzept soll an den ersten drei fertiggestellten Projekten erprobt und später gegebenenfalls angepasst werden.

Gemeinschaftsräume und -flächen sollen nicht nur für die Mieter, sondern für die gesamte Quartiersbevölkerung zugänglich sein. Das soll möglicherweise vorhandene Defizite der sozialen Infrastruktur im Stadtteil ausgleichen und einen Gewinn für das gesamte Quartier bringen. Außerdem will die Stadt mit "Wohnen für alle" ein EU-Projekt umsetzen, für das sie als einzige deutsche Stadt unter 378 Bewerbern den Zuschlag erhalten hat, inklusive einer Fördersumme von bis zu 3,9 Millionen Euro. München wurde dabei als Leuchtturmprojekt für das Themenfeld Integration ausgewählt. Dies biete eine "einmalige Chance, eine internationale Vorbildfunktion im Bereich der Integration von Flüchtlingen" wahrzunehmen. Idealerweise soll dabei ein Rahmenkonzept erarbeitet werden, das anderen europäischen Städten als Vorbild und Hilfestellung für den Umgang mit der Neuzuwanderung von Menschen dienen kann.

Kooperationen mit Arbeitgebern sollen den Flüchtlingen Praktika, Schulungen und Ausbildungsangebote vermitteln. So sollen die Neubürger so schnell wie möglich eigenständig werden. Kreative Unternehmungen wie Theater- und Kunstprojekte, kulturelle Stadtteilspaziergänge, Schwimmkurse und Kooperationen mit Sportvereinen sollen das Ankommen ebenfalls beschleunigen und die Identifikation mit dem Quartier stärken. Auch Kochkurse soll es geben, nach dem Vorbild des Berliner Projekts "Über den Tellerrand kochen". Für die Umsetzung des EU-Projekts soll bei der Stadt eine auf drei Jahre befristete Stelle geschaffen werden.

Sozialpädagogen sollen "bedarfsorientiert" eingesetzt werden. Der Bedarf kann aus dem Personalbestand des Fachbereichs "Wohnen und Betreuen von unbegleiteten minderjährigen und heranwachsenen Flüchtlingen" gedeckt werden. Die Fachkräfte übernehmen aufs Gemeinwesen bezogene Aufgaben für alle Bewohner des Hauses und der Nachbarschaft. Einen Schwerpunkt bildet die Vernetzung mit Akteuren im Quartier, etwa mit Nachbarschaftstreffs, Familienzentren und Kirchengemeinden. Dahingegen soll die Hausverwaltung vorrangig Rechte und Pflichten eines Mietvertrags im Sinne eines "Wohntrainings" vermitteln.

Nicht zuletzt soll das Konzept von "Wohnen für alle" dazu beitragen, die Münchner Mischung zu erhalten - und die Bildung von Brennpunkten zu verhindern.

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