Mieten in München:Zum Zahlen verurteilt

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Frust hinter Fassaden: Die Mieter in diesem Block müssen Mieterhöhungen hinnehmen, obwohl sie auf die soziale Preisbindung der Wohnungen vertrauten. (Foto: Rumpf)

Die Miete von Wolfgang Donauer hat sich in den vergangenen drei Jahren um 28,5 Prozent erhöht - obwohl er in einer München-Modell-Wohnung lebt. Der Schwabinger wehrte sich - allerdings ohne Erfolg.

Von Ellen Draxel, Schwabing

Wolfgang Donauer hat es noch einmal versucht vor Gericht. Als Einzelkämpfer stimmte er der jüngsten Mieterhöhung um 15 Prozent nicht zu und wurde deshalb verklagt. Ihm ging es um die grundsätzlich zu klärende Frage, ob München-Modell-Wohnungen vom Mietspiegel erfasst werden oder nicht. Wäre er den Forderungen seines Vermieters bisher nachgekommen, hätte sich seine Miete in den vergangenen drei Jahren um 28,5 Prozent erhöht. Für eine an einen sozialen Preis gebundene Wohnung.

Statt 1093,60 Euro monatliche Warmmiete für 87 Quadratmeter, die Donauer bis Anfang 2013 für seine Wohnung in Schwabing bezahlte, sollte er nun 1405,81 Euro hinlegen. Er wehrte sich - allerdings ohne Erfolg. Das Münchner Amtsgericht hat ihn zur Zahlung verurteilt. Seinen Fall und den seiner Nachbarn hält der Schwabinger "für einen der größten Mietskandale, die es zur Zeit in München gibt".

Rückblick, November 2012. Der Familie Donauer und ihren Nachbarn in den anderen 50 Mietparteien an der Elisabeth-Kohn-Straße 33, 35 und 37 flattert eine Mieterhöhung über 20 Prozent ins Haus. Zu diesem Zeitpunkt wohnen die 120 Menschen gerade einmal sechs Jahre in den Häusern. Ihnen war aufgrund ihres Einkommens günstiger Wohnraum nach dem München-Modell zugesichert worden. Sie vertrauten darauf, lediglich moderate Mietsteigerungen über einen Bindungs-Zeitraum von 15 Jahren finanzieren zu müssen.

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Die Mieter sind geschockt. Viele zahlen, einige weigern sich und werden deshalb vom Vermieter, der Hausbau Fischer GmbH & Co. KG, verklagt. Es kommt zu Prozessen am Amts- und Landgericht, bei denen sich herausstellt: Die Stadt hatte es seinerzeit versäumt, bei dem Vertrag mit dem Investor gültige Regelungen auch für spätere Mieterhöhungen exakt formuliert festzusetzen.

Als die Stadt das München-Modell einführte, tat sie das mit dem Ziel, Familien und Personen mit einem durchschnittlichen Einkommen langfristig im Stadtgebiet zu halten und den Neubau von Mietwohnungen wieder voranzutreiben. Doch dieser Vertrag mit der Hausbau Fischer ermöglicht es laut den Richtern, die Miete im sechsten Jahr um fünf und danach alle drei Jahre bis zur Kappungsgrenze zu erhöhen, sofern der Mietspiegel das zulässt. Und die Elisabeth-Kohn-Straße liegt in Schwabing, die ortsübliche Vergleichsmiete ist hoch.

Dass das städtische Amt für Wohnen und Migration anderer Ansicht ist, spielt keine Rolle. Die Behörde, deren Aufgabe es ist, die Zugangskriterien zum München Modell zu bewerten, stuft Mieten nach dem München Modell unter der Rubrik "Durch behördliche Auflagen mietpreisgebundener Wohnraum" ein. "Somit sind sie vom unmittelbaren Anwendungsbereich des Mietspiegels für München ausgeschlossen", bescheinigt das Amt dem Anwalt der Mieter 2014 schriftlich.

Darauf bezieht sich Wolfgang Donauer nun im jüngsten Prozess. Doch er zieht den Kürzeren, das Gericht urteilt wie erwartet: Der Schwabinger muss zahlen. Die Juristen schließen sich den bisherigen Entscheidungen des Landgerichts und der Amtsgerichte an. "Das heißt, dass die extremen Mieterhöhungen unter Berufung auf den Mietspiegel bei unseren München-Modell-Wohnungen vom Vermieter durchgesetzt werden dürfen", konstatiert Wolfgang Donauer ernüchtert.

Zwar ziehen einige der Mieter im Dezember aus, die Stadt hat für sie hundert Meter weiter Wohnungen in städtischen Wohnungsbauunternehmen reserviert. Sie mussten nur wieder einen Berechtigungsschein für das München-Modell beantragen. Außerdem wurden die Mieter finanziell entschädigt von der Stadt, weil der Passus missverständlich war, ein "großes Entgegenkommen", wie Donauer findet. Verschaukelt fühlt er sich trotzdem. Er weiß: "Viele der betroffenen Bewohner in unseren drei Häusern werden die München-Modell-Wohnungen nun nicht mehr finanzieren können."

© SZ vom 12.07.2016 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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