Messe München:Sexismusvorwürfe gegen leitenden Mitarbeiter

Messe München

Blick auf den Nordeingang der Messe München.

(Foto: Renate Winkler-Schlang)

Er soll seiner Assistentin von seinem "Liebesnest" vorgeschwärmt und sie zu sich auf den Schoß gezogen haben. Ein leitender Angestellter der Messe München steht im Verdacht, seine Mitarbeiterin jahrelang sexuell belästigt zu haben. Er bestreitet das.

Von Michael Tibudd

Die Vorwürfe sind gravierend: Ein leitender Angestellter der Messegesellschaft soll seine Assistentin mehrere Jahre lang sexuell belästigt haben - mit vulgären Sprüchen, aber auch körperlich. Er soll die Assistentin auf seinen Schoß gezogen und ihr an den Po gefasst, dazu gerne jovial anzügliche Sätze von sich gegeben haben. Sein neues Haus sei sein "Liebesnest", tat er nach Angaben der Mitarbeiterin kund, "der Viagra-Ständer steht schon". Wenn es auf Dienstreise ging und sie ein Hotel buchte, sagte er schon mal, sie solle ihm "eine Schwarze oder Braune zubuchen". Die Mitarbeiterin spricht von jahrelangem Psychoterror.

Ob sich die Dinge, die die Mitarbeiterin im Juli 2012 einem externen Ombudsmann der Messegesellschaft anvertraute, tatsächlich genau so abgespielt haben, ist bisher nicht geklärt. Ein Sprecher der Messegesellschaft bestätigte lediglich, dass es den Fall einer Mitarbeiterin gibt, die sich von ihrem Vorgesetzten entsprechend belästigt gefühlt habe. Messe-Geschäftsführer Klaus Dittrich habe in der Angelegenheit sofort die Gesellschafter des Unternehmens informiert, als er davon erfahren habe - Gesellschafter sind die Stadt München, der Freistaat Bayern, die Handwerks- sowie die Industrie- und Handelskammer.

Darauf gab es eine Anhörung des Vorgesetzten und der Mitarbeiterin. Die Darstellungen der beiden "divergieren in wesentlichen Punkten", teilt Bayerns Wirtschaftsminister Martin Zeil mit. Nach einer außerordentlichen Gesellschafterversammlung im September 2012 wurde der Vorgesetzte abgemahnt. Laut Zeil wurde auch eine fristlose Kündigung diskutiert, diese sei nach Einschätzung eines hinzugezogenen Fachanwalts für Arbeitsrecht aber "für nicht durchsetzbar erachtet" worden. Man einigte sich in der Folge darauf, den Vertrag des Vorgesetzten, der Ende 2014 ausläuft, nicht zu verlängern.

Der Aufsichtsrat ist bisher nicht involviert

Es gibt bei der Messe München eine sogenannte Compliance-Vereinbarung. Demnach stehen Mitarbeitern in derartigen Fällen mehrere Ansprechpartner zur Verfügung. Zum einen ein interner Compliance Officer, das ist der Chef der Rechtsabteilung. Dazu kommt der externe Ombudsmann, ein Anwalt, den die betroffene Mitarbeiterin auch tatsächlich ansprach, nachdem sie all ihren Mut zusammengefasst habe, wie es heißt.

Auch der oberste Geschäftsführer Klaus Dittrich steht als Compliance Director für solche Fälle bereit. Im Intranet wandte sich Dittrich am Montag an die Mitarbeiter und wies auf das "hohe Ansehen" hin, das die Messegesellschaft genieße. "Schon ein einzelner Mitarbeiter", schrieb Dittrich, könne dieses Ansehen "durch unbedachtes oder regelwidriges Verhalten schwer beschädigen".

Fürs Erste soll die Angelegenheit, die einem kleinen Kreis intern ja auch schon seit mehreren Monaten bekannt ist, erledigt sein - nachdem Wirtschaftsminister Zeil "schnelles Handeln" für sich und die anderen Gesellschafter reklamiert. Offen ist allerdings, ob der Aufsichtsrat der Messegesellschaft, der bislang mit der Angelegenheit nicht befasst war, sich noch einschalten will. Formal ist dieses Gremium allerdings nicht für Personalangelegenheiten zuständig, dieses Feld obliegt allein der Gesellschafterversammlung, in der es vor allem auf die Stadt München und den Freistaat Bayern ankommt. Beide verfügen über 49,9 Prozent der Anteile an der Messegesellschaft.

Bei der Stadt selbst, mit 30.000 Beschäftigten einer der größten Arbeitgeber in München, bemüht man sich, ähnliche Probleme aktiv anzugehen. Die Beschwerdestelle im Rathaus bei Fällen von Sexismus und sexueller Belästigung hat denn auch mehr zu tun als in früheren Jahren: 2012 liefen bei ihr 50 Beschwerden auf - in der Regel von städtischen Mitarbeiterinnen, allerdings auch von Schülerinnen städtischer Schulen, die sich von männlichen Lehrern belästigt fühlten. Fast immer, heißt es, seien die Täter Männer.

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