Merchandising:Bühnen-Outfit wird zum Fan-Artikel

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Kostümbildnerin Meentje Nielsen hat die gesamte Münchner "Meistersinger"-Ausstattung entworfen - nun gibt es Jonas Kaufmanns T-Shirt in Serienproduktion

Von Jutta Czeguhn, München

Jeans, Lederjacke und darunter ein T-Shirt: schwarz, mit einem lässig draufgesprenkelten Sternennebel und einer Zielscheibe über der Brust. In diesem Outfit wurde Tenor Jonas Kaufmann unlängst als Walther von Stolzing auf der Bühne des Nationaltheaters zum "Meistersinger von Nürnberg". Weil es so viele Anfragen gab, kommt nun das "Walther-Shirt" Mitte Juli in den freien Verkauf, mit einer Auflage von 150 Stück. Ein bislang einmaliger Vorgang an der Bayerischen Staatsoper: Ein Bühnen-Kostüm wird zum Fan-Artikel. Sich einmal wie Walther beziehungsweise wie Kaufmann fühlen, zum Preis von 26 Euro.

Meentje Nielsen hat das T-Shirt aus Baumwolljersey entworfen. Von der Kostümbildnerin, Jahrgang 1966, stammt die gesamte Münchner "Meistersinger"-Ausstattung. "Die Anfragen des Publikums freuen mich natürlich sehr, das gibt es im Theater nicht so oft. Das hat sicherlich auch damit zu tun, dass Jonas Kaufmann der charmante Träger ist", lautet ihr Kommentar aus London, wo Nielsen am Royal Opera House gerade mit "Meistersinger"-Regisseur David Bösch in den Proben zu Verdis "Trovatore" steckt. "Ich sehe mir - egal ob Oper oder Schauspiel - die Darsteller genau an", erzählt Nielsen und verrät, wie sie mit Kaufmann am Motiv für das Shirt gearbeitet hat.

Opern-Fans können das T-Shirt kaufen, das Jonas Kaufmann trägt. (Foto: Hösl Staatsoper)

Walther von Stolzing ist für die Kostümbildnerin ein poetischer Rebell adeliger Herkunft. "Angefangen haben wir relativ schlicht, mit Jeans, T-Shirt und Lederjacke. Jonas fragte bei der ersten Probe, ob wir ihm nicht aufs T-Shirt ,Ritter' schreiben könnten, weil er ja im Stück einer ist." Das erschien Nielsen nicht das Richtige zu sein. Ihr schwebte etwas Selbstgemachtes vor - mit einer Aussage jenseits gängiger Motive. "Die Sterne, nach denen man greift, sollten ein Thema sein, der Ritter und schließlich die Haltung, mit der man sich einem so strengen Gericht oder eben auch Publikum stellt." Über einige Umwege - in der Generalprobe zierte Kaufmanns Brust noch der Helm eines Stormtroopers aus "Star Wars" - kam man dann gemeinsam auf die finale Stolzing-Optik: "Der gute Ritter macht sich zur Zielscheibe, stellt sich mit maximaler Angstfreiheit, liefert sich aus, macht sich verwundbar, ist ein Stern." Kaufmann sei ihr in dem Prozess ein toller Partner gewesen, "weil er jeden Gedanken sofort aufgegriffen und weitergedacht hat, im Spiel auf der Bühne".

An der Staatsoper freut man sich, dass die Kostümbildnerin ihr Einverständnis für die Serien-Produktion des Shirts gegeben hat. "Umso mehr, als diese Art von Kostüm sofort in das alltägliche Leben zu integrieren ist und so die Oper außerhalb der Bühne Teil des Alltags wird", erklärt Staatsopern-Sprecherin Annette Baumann. Dem Heer der Kaufmann-Fans tut die Staatsoper mit dem Walther-Shirt einen Gefallen. Merchandising-Produkte dieser Art gab es bislang noch nicht von ihrem ansonsten hochvermarkteten Star. Im Shop der Staatsoper, wo es unter anderem Wärmekissen zur Uraufführung "South Pole", Porzellanbecher mit Wotan-Kopf oder Kühlschrankmagneten zu kaufen gibt, wird es deshalb spätestens Mitte Juli mit der Beschaulichkeit vorbei sein. Vorbestellungen für das T-Shirt nimmt die Staatsoper bereits jetzt unter besucher@staatsoper.de entgegen.

Meentje Nielsen hat für Jonas Kaufmann das T-Shirt mit Sternennebel und Zielscheibe entworfen. (Foto: Billy & Hells/oh)

An diesem Samstag, 25. Juni, gibt es am Münchner Haus eine Wiederaufnahme der "Tosca", ebenfalls mit Kaufmann. Sollten seine Fans demnächst auch das dunkelblau Hemd, das der Tenor als Cavaradossi trägt, im Shop erwerben wollen, würde das für die Staatsoper zur Herausforderung. Die Tosca-Kostüme stammen von Milena Canonero, einer vierfachen Oscar-Preisträgerin, die unter anderem Stanley Kubricks "A Clockwork Orange", "Jenseits von Afrika" und die TV-Serie "Miami Vice" ausgestattet hat.

© SZ vom 24.06.2016 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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